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Regentschaft Des Stahls
Morgan Rice


Ring der Zauberei #11
In REGENTSCHAFT DES STAHLS (Buch #11 im Ring der Zauberei) muss Gwen ihr Volk beschützen als Kings Court unter Belagerung steht. Sie strebt danach, sie aus dem Ring zu evakuieren – doch es gibt ein Problem: Ihre Leute wollen nicht gehen. Als ein Machtkampf ausbricht findet Gwen zum ersten Mal ihre Herrschaft herausgefordert – während dem Ring eine weit größere Gefahr droht. Hinter den McClouds lauert die Bedrohung von Romulus und seines Drachen, die sich nach der Zerstörung des Schildes zur Invasion aufmachen, nun da sie nichts mehr von der vollständigen Zerstörung des Rings abhalten kann. Romulus mit Luanda an seiner Seite scheint unaufhaltsam solange der Mond scheint und Gwen muss für ihr Überleben kämpfen – für sich, für ihr Baby, und für ihr Volk – inmitten einer epischen Schlacht zwischen Drachen und Menschen. Kendrick führt die Silver in eine heroische Schlacht und wird dabei von Elden und den neuen Rekruten der Legion begleitet – ebenso wie von seinem Bruder Godfrey, der alle, einschließlich sich selbst, mit seinen heldenhaften Taten überrascht. Aber selbst das wird vielleicht nicht genug sein.





Morgan Rice

REGENTSCHAFT DES STAHLS (BAND #11 IM RING DER ZAUBEREI)




Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern

“DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten die für sofortigen Erfolg nötig sind: Anschläge und Gegenanschläge, Mysterien, Edle Ritter und blühende Beziehungen die sich mit gebrochenen Herzen, Täuschung und Betrug abwechseln. Die Geschichten werden sie über Stunden in ihrem Bann halten und sind für alle Altersstufen geeignet. Eine wunderbare Ergänzung für das Bücherregal eines jeden Liebhabers von Fantasy Geschichten.”

–-Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



“Rice hat das Talent den Leser von der ersten Seite an in die Geschichte hineinzusaugen. Mit ihrer malerischen Sprache gelingt es ihr ein mehr als nur ein Bild zu malen – es läuft ein Film vor dem inneren Auge ab. Gut geschrieben und von wahnsinnig schnellem Erzähltempo.”

–-Black Lagoon Reviews (zu Verwandelt)



“Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice hat gute Arbeit beim Schreiben einer interessanten Wendung geleistet. Erfrischend und einzigartig, mit klassischen Elementen, die in vielen übersinnlichen Geschichten für junge Erwachsene zu finden sind. Leicht zu lesen, aber von extrem schnellem Erzähltempo… Empfehlenswert für alle, die übernatürliche Romanzen mögen.”

–-The Romance Reviews (zu Verwandelt)



“Es packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht los…. Diese Geschichte ist ein erstaunliches Abenteuer voll rasanter Action ab der ersten Seite. Es gab nicht eine langweilige Seite.”

–-Paranormal Romance Guild (zu Verwandelt)



“Voll gepackt mit Aktion, Romantik, Abenteuer und Spannung. Wer dieses Buch in die Hände bekommt wird sich neu verlieben.”

–-vampirebooksite.com (zu Verwandelt)



“Eine großartige Geschichte. Dieses Buch ist eines von der Art, das man auch nachts nicht beiseite legen möchte. Das Ende war ein derart spannender Cliffhanger, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte um zu sehen, was passiert.“

–-The Dallas Examiner (zu Geliebt)



“Ein Buch das den Vergleich mit TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES nicht scheuen muss. Eines, das Sie dazu verleiten wird, ununterbrochen Seite um Seite bis zum Ende zu lesen! Wer Abenteuer, Liebesgeschichten und Vampire gerne mag, für den ist dieses Buch genau das Richtige!”

–-Vampirebooksite.com (zu Verwandelt)



“Morgan Rice hat sich wieder einmal als extreme talentierte Geschichtenerzählern unter Beweis gestellt… Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Es endet mit einem unerwarteten Cliffhanger der den Leser geschockt zurücklässt.

–-The Romance Reviews (zu Geliebt)



Гњber Morgan Rice

Morgan Rice schrieb die Nr. 1 Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE, eine elfteilige Serie fГјr junge Leser. Ihrer Feder entstammt auch die Nr. 1 Bestseller Serie TRILOGIE DES ГњBERLEBENS, eine post-apokalyptischer Thriller-Serie aus derzeit zwei BГјchern (man darf auf das Dritte gespannt sein) und die epische Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, das derzeit aus dreizehn BГјchern besteht und die Bestsellerlisten anfГјhrt.

Morgans Bücher gibt es als Audio oder Print-Editionen die in vielen Sprachen erschienen sind: Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch, Schwedisch, Holländisch, Türkisch, Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch – mehr Sprachen werden folgen.

Morgan freut sich, von ihren Lesern zu hören, darum besuchen Sie bitte www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/) um sich für Email-Updates zu registrieren. Erhalten sie ein kostenloses Buch, Geschenke, laden sie die kostenlose App herunter und erhalten sie exklusiv die neusten Nachrichten. Oder folgen Sie Morgan auf Facebook und Twitter. Morgan freut sich auf Ihren Besuch!



BГјcher von Morgan Rice




DER RING DER ZAUBEREI


QUESTE DER HELDEN (Band #1)


MARSCH DER KГ–NIGE (Band #2)


LOS DER DRACHEN (Band #3)


RUF NACH EHRE (Band #4)


SCHWUR DES RUHMS (Band #5)


ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band #6)


A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band #7)


A GRANT OF ARMS – GEWÄHR DER WAFFEN (Band #8)


A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band #9)


A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band #10)


A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band #11)


demnächst auf Deutsch erhältlich


A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND #12)


A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)




DIE TRILOGIE DES ГњBERLEBENS


ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)


ARENA TWO –  ARENA ZWEI (Band #2)




DER WEG DER VAMPIRE


GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire)


VERGГ–TTERT (Band #2 Der Weg Der Vampire)


VERRATEN (Band #3 Der Weg Der Vampire)


BESTIMMT (Band #4 Der Weg Der Vampire)


BEGEHRT (Band #5 Der Weg Der Vampire)


BETROTHED – VERMÄHLT (Band #6)


VOWED – GELOBT (Band #7)


demnächst auf Deutsch erhältlich


FOUND  – GEFUNDEN (Band #8)


RESURRECTED  – ERWECKT (Band #9)


CRAVED  – ERSEHNT (Band #10)


FATED  – BERUFEN (Band #11)











Hören (https://itunes.apple.com/de/artist/morgan-rice/id417552527?mt=11&uo=4) im Audiobuch-Format an!




Copyright В© 2014 by Morgan Rice

Alle Rechte vorbehalten. Mit den im U.S. Copyright Act von 1976 erlaubten Ausnahmen ist es nicht gestattet, jeglichen Teil dieser Publikation in jeglicher Form oder über jegliche Mittel ohne die vorherige Erlaubnis des Autors zu vervielfältigen, zu verteilen oder zu übertragen, oder in einer Datenbank oder einem Abrufsystem zu speichern.

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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig.

Titelbild Copyright Slava Gerj, unter Lizenz von Shutterstock.com


“Es gibt ein Land, wo das Korn einst wuchs – doch es wurde verwandelt und nun ähnelt es Feuer. Es war ein Ort, an dem die Steine Saphire waren und es hatte Staub aus Gold.

Das Pferd lacht der Angst – es fürchtet nichts; so scheut es nicht dem Schwert. Es steht nicht still wenn die Trompete tönt, sooft das Horn hallt, wiehert es �Hurrah!’”

В В В В -frei nach dem Buch Ijob






KAPITEL EINS


Reece stand wie eingefroren im Augenblick des Schocks da. Der Dolch in seiner Hand steckte tief in Tirus Brust. Seine ganze Welt drehte sich in Zeitlupe; alles Leben um ihn herum war ein einziger Nebel. Er hatte gerade seinen schlimmsten Feind getötet, den Mann, der für Seleses Tod verantwortlich war. Dafür spürte Reece ein unglaubliches Gefühl der Befriedigung, der Genugtuung. Endlich hatte er richtig gestellt, was falsch war.

Doch gleichzeitig war Reece taub gegenüber der Welt, im Bewusstsein, dass er selbst bald den Tod finden würde. Der Raum war voll von Tirus� Männern, die alle derzeit noch geschockt dastanden, und die Szene mitangesehen hatten. Reece bereitete sich in Gedanken auf den Tod vor. Doch er bereute nichts. Er war dankbar, dass ihm diese Gelegenheit gegeben worden war, den Mann zu töten, der so vermessen gewesen war zu glauben, dass Reece sich bei ihm entschuldigen würde.

Reece wusste, dass der Tod unausweichlich war; es waren zu viele Männer im Raum, und die einzigen, die auf seiner Seite waren, waren Matus und Srog. Srog, verletzt und in Fesseln, und Matus, der unter den Wachsamen Augen der Krieger neben ihm stand. Sie würden ihm gegen die Arme von Tirus� Männern nicht viel helfen können.

Doch bevor Tirus starb, wollte er seine Rache vervollkommnen und so viele Männer von den Oberen Inseln mit sich nehmen, wie er konnte.

Tirus sackte tot zu Reeces Füssen zusammen, und er zögerte nicht: Er zog seinen Dolch aus dessen Brust und schlitzte den Hals von Tirus� General auf, der neben ihm Stand; in derselben Bewegung fuhr er herum und rammte ihn einem anderen General ins Herz.

Als die geschockten Männer im Raum aus ihrer Starre erwachten, bewegte sich Reece schnell. Er zog die Schwerter aus den Scheiden der beiden Sterbenden, und stürzte sich auf eine Gruppe von Kriegern direkt vor ihm.

Bevor sie auch nur reagieren konnten, hatte er vier von Ihnen getötet.

Hunderte von Kriegern stürzten sich nun von allen Seiten auf Reece. Der rief sich all sein Training in der Legion ins Gedächtnis, all die Zeiten, in denen er gezwungen gewesen war, gegen mehrere Krieger auf einmal zu kämpfen. Als sie ihn umringt hatten, hob er sein Schwert mit beiden Händen hoch. Er wurde nicht durch eine Rüstung beschwert, wie diese anderen Männer, oder durch einen Gürtel, von dem eine Reihe von Waffen baumelte, oder gar einem Schild.

Er war leichter und schneller als sie alle – und er war in Rage. In die Ecke gedrängt, kämpfte er um sein Leben.

Reece kämpfte tapfer, geschickter als jeder einzelne von ihnen, erinnerte er sich an die Zeiten, in denen er mit Thor trainiert hatte, dem größten Krieger, gegen den er je gekämpft hatte, und daran, wie sehr das seine Fähigkeiten geschärft hatte. Er brachte einen Mann nach dem anderen zu Fall, sein Schwert schepperte gegen zahllose andere, wobei Funken in alle Richtungen flogen. Er wütete, bis seine Arme schwer wurden, und hatte ein Dutzend Männer getötet, bevor sie auch nur mit der Wimper zucken konnten.

Doch immer mehr Männer stürzten in den Saal. Es waren einfach zu viele. Für jedes halbe Dutzend das fiel, kam ein ganzes nach, und die Menge wurde dichter, als sie sich sammelten und ihn von allen Seiten bedrängten. Reece atmete schwer, als er einen Schlag gegen seinen Arm spürte und Blut aus seinem Muskel trat. Er schrie auf.

Reece fuhr herum und rammte dem Mann sein Schwert zwischen die Rippen, doch der Schaden war nicht mehr rückgängig zu machen. Er war verletzt, und Tirus� Männer drängten von allen Seiten auf ihn ein. Er wusste, dass seine Zeit gekommen war.

Zumindest, erkannte er dankbar, durfte er in einem letzten Akt der Tapferkeit sterben.

„REECE!“

Ein Schrei drang plötzlich durch das Kampfgetümmel zu ihm. Eine Stimme, die er jederzeit erkennen würde.

Die Stimme einer Frau.

Reece fГјhlte sich taub, als er erkannte, wessen Stimme es war. Es war die Stimme der einen Frau auf dieser Welt, die seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, selbst mitten in einem Kampf, im Angesicht des Todes.

Stara.

Reece blickte auf und sah, dass sie hoch oben auf den hölzernen Rängen stand, die die Seiten des Raumes auskleideten. Sie stand mit leidenschaftlichem Ausdruck im Gesicht hoch über der Menge. Die Adern an ihrem Hals traten hervor, während sie seinen Namen schrie. Er sah, dass sie Pfeil und Bogen in Händen hielt und hoch, auf ein Objekt auf der anderen Seite des Raumes zielte.

Reece folgte ihrem Blick und erkannte, worauf sie zielte. Ein dickes Seil, etwa zwanzig Meter lang, das den gigantischen eisernen Kronleuchter von zehn Metern Durchmesser mit Hilfe eines eisernen Ankers in der Luft hielt. Der Leuchter, der unter der hohen Decke hing, hatte gigantische AusmaГџe. Dick wie ein Baumstumpf hielt er mehrere hundert brennende Kerzen.

Reece erkannte, dass Stara im Begriff war, auf das Seil zu schießen. Wenn sie es treffen würde, würde der Kronleuchter zu Boden rauschen – und dabei sicher die Hälfte der Männer hier im Raum erschlagen. Als er aufblickte, bemerkte er, dass er selbst direkt darunter stand.

Sie hatte ihm eine Warnung geschickt. Es war Zeit, sich zu bewegen.

Reeces Herz pochte in heller Panik, als er sein Schwert senkte und mit einem wilden Schrei in eine Gruppe von Angreifern stürmte, um dem Tod durch den riesigen Kronleuchter zu entkommen. Während er durch die Gruppe stürmte trat und schlug er um sich und versetzte einen Mann einen Kopfstoß

Er erinnerte sich daran, dass Stara schon im Kindesalter eine erstklassige Schützin gewesen war – schon damals um Klassen besser als die Jungen ihres alters – und wusste, dass sie ihr Ziel treffen würde.

Er vertraute ihr. So rannte er ohne Deckung vor den Männern her, die ihn verfolgten.

Einen Augenblick später hörte er das zischende Geräusch eines Pfeils, der durch die Luft schoss, dann unendliche Sekunden später, wie das Seil riss und der riesige eiserne Leuchter dem Boden entgegen ratterte. Ein gigantisches Krachen ließ den ganzen Raum erzittern und warf Reece von den Füssen. Er spürte den Wind auf seinem Rücken während er seinen Sturz mit den Händen abfing. Der Kronleuchter hatte ihn um wenige Meter verfehlt.

Reece hörte die Schreie der Männer und als er einen Blick über die Schulter warf, sah er den Schaden, den Stara angerichtet hatte: Dutzende von Männern lagen zerquetscht unter dem Kronleuchter, andere schrien schwer verletzt um Hilfe. Überall war Blut.

Sie hatte sein Leben gerettet.

Reece rappelte sich auf und sah sich nach Stara um, die nun selbst in Bedrängnis war. Etliche Männer stürmten auf sie zu, und auch wenn sie einen Pfeil nach dem anderen abschoss, wusste er doch, dass sie nicht jeden ihrer Angreifer rechtzeitig ausschalten konnte.

Sie blickte nervös zu Tür, offensichtlich überzeugt, dass sie beide auf diesem Weg entkommen konnten. Doch als Reece ihrem Blick folgte, sah er zu seinem Entsetzen, wie Tirus Männer sie mit einem dicken hölzernen Riegel verbarrikadierten.

Sie waren gefangen, alle Eingänge verschlossen. Reece wusste, dass sie hier sterben würden.

Reece sah, wie sich Stara verzweifelt umsah, bis ihr Blick an der obersten Sitzreihe entlang der Rückwand des Raumes hängen blieb.

Sie gestikulierte Reece, während sie darauf zu lief, und er hatte keine Ahnung, was sie vorhatte. Er sah keinen Ausgang. Doch sie kannte das Schloss besser als er, und vielleicht gab es einen Ausgang, den er nicht sehen konnte.

Reece drehte sich um und rannte los, sich seinen Weg durch die Männer kämpfend, die sich wieder gesammelt hatten und ihn erneut angriffen. Während er durch die Menge stürmte, ließ er sich kaum in Kämpfe verwickeln, sondern versuchte, sich auf gerader Linie einen Weg durch die Männer auf die andere Seite des Raums zu Stara zu schlagen.

Im Laufen warf er einen Blick zu Srog und Matus herüber, entschlossen ihnen zu helfen, und war freudig überrascht, als er sah, dass Matus sich die Schwerter seiner Wachen gegriffen, und beide getötet hatte; Reece sah zu, wie Matus schnell Srogs Fesseln durchschnitt, der selbst ein Schwert nahm, und einige Angreifer tötete.

„Matus!“, schrie Reece.

Matus fuhr herum und sah ihn an, und als er Stara an der Wand entlang laufen sah, wusste er, wohin Reece unterwegs war. Matus fuhr herum und zerrte Srog mit sich in dieselbe Richtung.

Während Reece sich seinen Weg durch den Raum kämpfte, lichteten sich die Reihen. Auf der anderen Seite waren nicht so viele Männer wie auf der anderen Seite und dort, wo sie sich um die Verletzten unter dem abgestürzten Kronleuchter kümmerten.

Reece hoffte nur, dass Stara wusste, was sie tat.

Stara rannte entlang der hölzernen Sitzreihen, und sprang zur höchsten hinauf, wobei sie einigen Männern ins Gesicht trat, die versuchten, Ihre Füße zu fassen zu bekommen. Reece beobachtete sie, während er selbst auf sie zulief, und wusste noch immer nicht, was sie vorhatte.

Reece hatte die Sitzreihen erreicht, und sprang nun von einer Reihe zur nächsten, immer höher hinauf, bis er weit über der Menge auf der höchsten angekommen war. Er traf auf Stara, und sie rannten auf Matus und Srog zu. Sie hatten allen anderen Kriegern gegenüber einen guten Vorsprung, außer einem: er wollte sich von hinten auf Stara stürzen, doch Reece sprang dazwischen und ließ ihn in seinen ausgestreckten Dolch laufen, bevor er Hand an Stara legen konnte.

Stara hob ihren Bogen, und richtete ihn auf zwei Krieger, die sich mit gezogenen Schwertern auf Reece stürzen wollten und tötet beide.

Schließlich fanden sich alle vier in der Ecke des Raumes auf der höchsten Sitzreihe wieder, und Reece sah, wie etwa hundert Männer aus allen Richtungen auf sie zu stürmten. Sie waren in der Ecke gefangen, es gab keinen Ausweg.

Reece verstand nicht, warum Stara sie hierher gefГјhrt hatte. Er sah keinen Fluchtweg und war sich sicher, dass das ihren sicheren Tod bedeuten wГјrde.

„Was hast du vor?“, schrie er ihr zu, als sie Seite an Seite standen und gemeinsam ihre Angreifer abwehrten. „Es gibt keinen Weg hier heraus!“

„Schau nach oben!“, antwortete sie.

Reece blickte auf, und sah Гјber sich einen weiteren eisernen LГјster, mit einem Seil, das direkt neben ihm zu Boden hing.

Reece sah sie verwirrt an.

„Ich verstehe nicht…“, sagte er.

„Das Seil!“, rief sie. „Nehmt es, und haltet euch alle daran fest!“

Sie folgten – jeder von ihnen hielt sich mit beiden Händen am Seil fest, und plötzlich erkannte Reece, was Stara im Begriff war zu tun.

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“, fragte er.

Doch es war zu spät.

Als das nächste Dutzend Krieger näher kam, nahm Stara Reeces Schwert, hielt sich an ihm Fest und trennte das Seil neben Ihnen fest, das den Kronleuchter hielt.

Reece wurde schwindelig, als plötzlich alle vier mit halsbrecherischer Geschwindigkeit am Seil in die Höhe rauschten, während der Leuchter zu Boden fiel. Der Lüster erschlug die Männer unter ihnen, und schleuderte die Vier, die sich verzweifelt am Seil festklammerten, in die Luft.

Endlich kam das Seil zur Ruhe, und sie hingen etwa fünfzehn Meter über dem Geschehen. Reece blickte zu Boden, wobei seine vor Aufregung schwitzenden Hände fast den Halt verloren hätten.

„Da!“, schrie Stara.

Reece drehte sich um und sah ein riesiges Bleiglasfenster vor sich. Dann wusste er, was sie vorhatte. Das raue Seil schnitt in Reeces Hände, und der Schweiß machte es ihm schwer, sich festzuhalten.

„Ich verliere den Halt!“, schrie Srog, der trotz seiner Verletzungen verzweifelt versuchte, sich festzuhalten.

„Wir brauchen Schwung“, schrie Stara. „Versucht Euch von der Wand abzustoßen!“

Reece folgte ihrem Beispiel. Er stГјtzte sich mit den Stiefeln an der Wand ab und stieГџ sich gemeinsam mit den anderen Ab. Sie wiederholten den Vorgang immer wieder, und das Seil begann zu schwingen. Mit einem Letzten Kick, schwang das Seil wie ein Pendel auf das Fenster zu und sie bereiteten sich auf den Einschlag vor.

Das Glas zerbarst und regnete um sie herum zu Boden. Sie lieГџen das Seil los und landeten auf dem breiten steinernen Sims des Fensters.

Gut fünfzehn Meter über dem Boden standen sie auf dem Sims, die kalte Luft strömte herein, und Reece sah auf die Männer im Saal herab, die sich nach einem Weg umsahen, ihnen zu folgen. Auf der anderen Seite des Fensters lag die Außenwelt. Es regnete in Strömen, der Wind peitschte, und es ging fast zehn Meter senkrecht nach unten, weit genug, um sich ein Bein oder schlimmeres zu brechen. Doch Reece entdeckte wenigstens ein paar dichte Büsche unterhalb des Fensters und erkannte auch, dass der Boden vom Regen aufgeweicht und matschig war. Es würde ein langer, harter Fall sein, doch vielleicht würden die Büsche ihn ausreichend bremsen.

Reece schrie auf, als plötzlich ein Pfeil seinen Arm traf. Er griff danach, und bemerkte, dass er ihn nur gestreift hatte. Es war nur eine kleine Fleischwunde, doch sie brannte.

Reece sah sich um und sah ein Dutzend von Tirus� Bogenschützen, die auf sie feuerten.

Er wusste, dass ihnen keine Zeit blieb. Er sah Stara an seiner Seite stand und Matus und Srog auf der anderen. Jeder von ihnen hatte Angst im Blick vor dem Sturz, der sie erwartete. Er griff Staras Hand und wusste – jetzt oder nie. Ohne ein Wort, sprangen sie alle gemeinsam aus dem Fenster

Sie schrien, während sie durch den eiskalten Regen fielen und Reece konnte den Gedanken nicht abschütteln, ob sie nicht von einem sicheren Tod in den anderen gesprungen waren..




KAPITEL ZWEI


Mit zitternden Händen hob Godfrey seinen Bogen, lehnte sich über den Rand der Zinnen, und zielte. Er wollte ein Ziel ins Auge fassen und sofort schießen – doch als er sah, was unter sich vor ging, war er starr vor Schreck. Unter ihm stürmten tausende von McCloud-Kriegern auf die Tore von King’s Court zu. Eine gut trainierte Armee flutete die Landschaft. Dutzende von Ihnen stemmten sich mit einem eisernen Rammbock gegen das Fallgitter und ließen den Boden unter seinen Füssen erzittern.

Godfrey verlor das Gleichgewicht und schoss, doch sein Pfeil taumelte harmlos durch die Luft. Er griff einen weiteren Pfeil und legte ihn mit pochendem Herzen an. Er war sich sicher, dass er heute sterben würde. Er lehnte sich über den Rand, doch bevor er seinen Schuss abgeben konnte, traf ein Stein seinen eisernen Helm. Mit lautem Scheppern fiel Godfrey zu Boden, wobei sein Pfeil steil in die Luft schoss. Er riss seinen Helm vom Kopf und rieb sich die schmerzende Beule während der Klang des Einschlags noch in seinen Ohren widerhallte. Er hatte nicht gedacht, dass eine Steinschleuder solche Schmerzen verursachen konnte.

Er fragte sich, in was er diesmal hineingeraten war. Sicher, er hatte sich heldenhaft verhalten, er hatte geholfen, die Stadt vor der Ankunft der McClouds in Alarm zu versetzen, und hatte ihnen wertvolle Zeit verschafft. Er hatte damit vielleicht sogar einige Leben gerettet, darunter sicher auch seine Schwester.

Doch nun war er hier, gemeinsam mit ein paar Dutzend Kriegern, keiner von ihnen ein Silver, nicht einer ein Ritter, und verteidigte die HГјlle der evakuierten Stadt gegen die gesamte Armee der McClouds. Das Kriegshandwerk lag ihm nicht.

Er hörte ein gewaltiges Krachen und Godfrey stolperte wieder, als das Fallgitter aufgebrochen wurde. Durch das offene Tor strömten tausende blutdurstig jubelnde McClouds in die Stadt hinein.

Während er oben auf den Zinnen saß, wusste er, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie hier herauf kamen und er um sein Leben kämpfen musste. Bedeutete das, ein Krieger zu sein? Furchtlos und tapfer zu sein? Zu sterben, damit andere leben konnten? Nun, da er dem Tod ins Gesicht blickte, war er sich nicht so sicher, ob das alles eine so gute Idee gewesen war. Ein Krieger und Held zu sein war großartig, doch er bevorzugte es, am Leben zu sein. Als Godfrey gegen den Gedanken ankämpfte aufzugeben, davonzulaufen und sich irgendwo zu verstecken, stürmten plötzlich einige McClouds den Wehrgang. Godfrey sah zu, wie einem seiner Kameraden ein Dolch in den Bauch gerammt wurde und dieser stöhnend auf die Knie fiel.

Und dann geschah es wieder. Aller rationaler Gedanken, all seines gesunden Menschenverstandes und seiner friedfertigen Einstellung zum Trotz fasste Godfrey eine Entscheidung. Etwas in ihm konnte es nicht ertragen, seine Leute leiden zu sehen. Für sich selbst konnte er diesen Mut nicht aufbringen, doch wenn er sah, dass andere in Gefahr waren, überkam ihn ein gewisses Draufgängertum. War es vielleicht sogar Ritterlichkeit?

Ohne nachzudenken reagierte Godfrey. Er griff nach einer langen Pike und stürmte los. Er rammte den ersten Mann: Die riesige eiserne Klinge drang in seine Brust und Godfrey stürmte weiter, wobei er sein ganzes Gewicht, sogar seinen Bierbauch nutzte, um die feindlichen Krieger auf dem engen Wehrgang zurückzudrängen.

Zu seinem eigenen Erstaunen gelang es ihm, sie die Wendeltreppe hinunter zu stoГџen, und im Alleingang die ErstГјrmung der Wehranlagen abzuwehren.

Als er fertig war, ließ Godfrey, erstaunt über sich selbst, die Pike fallen, und wusste nicht, was in ihn gefahren war. Seine Kameraden sahen ihn ebenfalls verwundert an, als ob sie nicht gewusst hätten, dass er das in sich hatte.

Während Godfrey überlegte, was er als nächstes tun sollte, wurde ihm die Entscheidung abgenommen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Er sah, wie ein weiteres Dutzend McClouds von der anderen Seite auf ihn zu stürmten.

Doch noch bevor Godfrey bereit war, erreichte ihn der erste feindliche Krieger, einen riesigen Hammer in Richtung seines Kopfes schwingend. Er wusste, dass der Schlag seinen Schädel zertrümmern würde.

Godfrey duckte sich – das war eines der wenigen Dinge, die er gut konnte – und der Hammer zischte über seinen Kopf hinweg. Dann senkte er seine Schultern und rannte gegen den Mann an. Er schob seinen Gegner immer weiter zurück, bis dieser wieder Halt fand und ihn in ein Handgemenge verwickelte, bei dem sie sich gegenseitig würgten. Der Mann war stark, doch Godfrey war es auch, eines der wenigen Geschenke, das ihm das Leben gegeben hatte.

Sie rollten hin und her, schenkten sich nichts, bis sie plötzlich beide über den Rand rollten. Sie stürzten auf den Boden zu, wobei sie sich aneinander festklammerten in der Hoffnung, nicht direkt auf den Boden einzuschlagen, sondern auf dem jeweils anderen zu landen. Godfrey wusste, dass das Gewicht des Mannes mit seiner Rüstung ihn erschlagen würde.

Im letzten Augenblick gelang es Godfrey, ihn herumzureiГџen und fiel auf den anderen, der bewusstlos unter ihm liegen blieb.

Doch der Sturz ging auch an Godfrey nicht spurlos vorbei. Atemlos rollte er ab, wobei sein Kopf und jeder Knochen in seinem Körper schmerzte. Einen Augenblick lag Godfrey neben seinem Feind, wobei sich alles drehte, dann wurde es schwarz um ihn.

Das letzte, was er sah, war die Armee der McClouds, die nach King’s Court hinein strömte und es für sich beanspruchte.


*

Elden stand auf dem Trainingsgelände der Legion, die Hände in die Hüften gestützt. Conven und O’Connor standen neben ihm, während er die neuen Rekruten betrachte, die Thorgrin in ihrer Obhut gelassen hatte. Elden beobachtete mit geübtem Auge, wie die Jungen auf dem Feld hin und her ritten, wobei sie über Gräben sprangen und versuchten, mit Speeren hängende Ziele zu treffen. Einige der Jungen schafften es nicht, ihre Pferde über die Gräben zu lenken; anderen gelang es, doch auch sie verfehlten die Ziele.

Elden schüttelte den Kopf. Er versuchte sich zu erinnern, wie es war, als er mit dem Training in der Legion begonnen hatte, und versuchte eine Ermutigung aus der Tatsache zu ziehen, dass die Jungen in den letzten Tagen Zeichen von Verbesserung gezeigt hatten. Doch sie waren nicht einmal annähernd am Ziel. So konnten sie sie nicht als Rekruten akzeptieren. Er legte die Messlatte hoch an, besonders nachdem er die große Verantwortung spürte, Thorgrin und die anderen stolz zu machen. Conven und O’Connor würden auch nicht weniger akzeptieren.

„Sire, es gibt Neuigkeiten!“

Elden sah sich um und sah Merek, den kleinen Dieb, mit weit aufgerissenen Augen auf sich zu rennen. Aus seinen Gedanken gerissen, war Elden erbost.

„Junge ich habe dir gesagt, mich nie zu unterbrechen…“

„Aber Sire, Ihr versteht nicht! Ihr müsst…“

„Nein, DU verstehst nicht“, unterbrach ihn Elden. „Wenn die Rekruten trainieren…“

„SCHAUT!“, Merek hatte seinen Arm gegriffen und deutete in Richtung der Stadt.

Wütend wollte Elden Merek von sich stoßen, bis er zu Horizont blickte und erstarrte. Graue Wolken stiegen aus Richtung King’s Court gen Himmel.

Elden blinzelte verständnislos. Feuer in King’s Court? Wie?

Vom Horizont wehten laute Schreie hinüber, die Schreie einer Armee – zusammen mit dem Geräusch der nachgebenden Tore. Elden wurde bang ums Herz. Die Tore von King’s Court waren überrannt worden. Er wusste, dass das nur Eines bedeuten konnte: Eine Armee hatte sie angegriffen. Heute, ausgerechnet am Tag der Pilgerfahrt, war King’s Court angegriffen worden.

Conven und O’Connor wurden aktiv. Sie schrien den Rekruten zu, sich zu versammeln.

Sie eilten zu ihnen hinüber und Elden trat neben Conven und O�Connor während die Jungen sich aufstellten und ihre Befehle erwarteten.

„Männer! King’s Court ist angegriffen worden!“

Гњberraschtes und aufgeregtes Murmeln brandete auf.

„Ihr seid noch nicht in der Legion. Ihr seid sicherlich keine Silver oder erfahrene Krieger, von denen man erwarten würde, sich einer Armee in den Weg zu stellen. Diese Männer sind hier, um zu töten, und wenn ihr euch ihnen in den Weg stellt, könntet ihr sterben. Conven, O’Connor und ich sind verpflichtet, die Stadt zu beschützen, und wir müssen gehen. Ich erwarte nicht von euch, dass ihr uns begleitet, im Gegenteil, ich rate euch davon ab. Doch wenn jemand unter euch ist, der es trotzdem tun möchte, der möge jetzt bitte vortreten. Doch vergesst nicht, dass ihr womöglich mit uns sterben werdet.“

Einige Augenblicke der Stille folgten, als plötzlich alle Jungen gemeinsam einen Schritt nach vorn traten. Tapfer, mutig. Eldens Herz schwoll vor stolz, als er es sah.

„Ihr alle seid heute zu Männern geworden!“

Elden schwang sich in den Sattel, und die anderen folgten mit lautem Jubel seinem Beispiel, bereit, ihr Leben fГјr ihr Volk zu riskieren.


*

Elden, Conven und O’Connor ritten voran, gefolgt von hundert Rekruten. Mit gezogenen Waffen galoppierten sie auf Kings� Court zu. Als sie näher kamen, sah Elden, dass mehrere Tausend McClouds die Tore überrannten, eine wohlkoordinierte Armee, die den Tag der Pilgerfahrt dazu nutzte, King’s Court anzugreifen.

Sie waren mindestens zehn zu eins in der Unterzahl.

„Genau wie ich es mag!“, schrie er, und stürmte mit einem lauten Schrei den anderen voraus. Conven hob seien Kriegsaxt, und Elden beobachtet bewundernd, wie sich Conven furchtlos allein der Nachhut der McCloud’schen Armee stellte.

Den McClouds blieb wenig Zeit zu reagieren, als Conven wie ein Wahnsinniger seine Axt schwang und zwei mit einem einzigen Hieb tötete. Er ritt mitten unter sie, dann sprang er vom Pferd und riss drei feindliche Krieger zu Boden.

Elden und die anderen waren direkt hinter ihm. Sie trafen auf die übrigen McClouds, die nur langsam reagierten, das sie nicht mit einem Angriff von der Flanke her gerechnet hatten. Elden schwang sein Schwert voll Wut und Können, und zeigte den Rekruten dabei, wie man es handhabte. Erfolgreich brachte er einen McCloud nach dem anderen zu Fall.

Die Schlacht wurde zu einem dichten Handgemenge, als ihre kleine Truppe die McClouds zwang, die Richtung zu ändern und sich zu verteidigen. Alle Rekruten stürzten sich todesmutig in den Kampf. Elden beobachtete die Jungen aus dem Augenwinkel und bemerkte stolz, dass nicht einer von ihnen zögerte. Sie alle kämpften wie Männer in einer Schlacht, in der sie haushoch in der Unterzahl waren, und allen schien das egal zu sein. Die überraschten McClouds fielen wie die Fliegen.

Doch das Blatt wendete sich schnell, als die McClouds Verstärkung erhielten, und die Jungen auf immer stärkeren Widerstand stießen. Merek und Ario steckten Schwerthiebe ein, konnten sich jedoch auf ihren Pferden halten und ihrerseits ihre Gegner zu Fall bringen. Doch dann wurden beide von Kriegslegeln getroffen, und gingen zu Boden. O’Connor, der neben Merek ritt, schoss einige Pfeile ab und schaltete die Krieger um sie herum aus, bevor er von einem Hieb mit einem Schild in die Seite getroffen wurde und selbst vom Pferd fiel. Elden, vollständig eingekreist, verlor schließlich den Vorteil des Überraschungsangriffs, und musste neben einem heftigen Schlag mit einem Kriegshammer gegen seine Rippen, einen Schwerthieb gegen seinen Unterarm einstecken.

Er fuhr herum und zerrte die Männer von ihren Pferden – doch sofort kamen vier weitere nach. Conven, am Boden, kämpfte verzweifelt. Er schwang seine Axt wie wild gegen die Männer und Pferde die an ihm vorbeiritten – bis er schließlich von hinten mit einem Hammer getroffen wurde und mit dem Gesicht voran in den Schlamm fiel.

Immer mehr Männer kamen zur Verstärkung der McClouds herbei, ließen von den Toren ab, um sie zu unterstützen. Elden sah immer weniger seiner eigenen Männer, und wusste, dass sie bald alle tot sein würden. Doch das war ihm egal. King’s Court wurde angegriffen, und er war bereit sein Leben für die Verteidigung seiner Heimat zu geben, und für diese Jungen, die sich so tapfer als Rekruten der Legion bewiesen hatten, und auf die er so stolz war. Ob sie Jungen oder Männer waren, war nun egal – sie alle gaben an seiner Seite ihr Blut, und das machte sie alle –tot oder lebendig – zu Brüdern.


*

Kendrick stГјrmte den Berg hinab, gefolgt von tausend Silver, die alle schneller als je zuvor auf die schwarzen Wolken am Horizont zuritten.

Kendrick schalt sich und wünschte sich, die Tore stärker bewacht zurückgelassen zu haben. Er hätte an einem Tag wie heute nie mit einem Angriff gerechnet, und schon gar nicht von den McClouds, von denen er geglaubt hatte, dass sie unter Gwendolyns Herrschaft friedfertiger geworden waren. Er würde jeden einzelnen dafür zahlen lassen, dass sie diesen heiligen Tag dazu missbraucht hatten, King’s Court anzugreifen.

Seine Brüder um herum strahlten den ganzen Zorn der Silver aus. Aus ihrer heiligen Pilgerfahrt herausgerissen waren sie wild entschlossen, den McClouds zu zeigen, wozu die Silver im Stande waren. Sie würden sie ein für alle Mal zur Strecke bringen. Kendrick schwor, dass er nicht einen einzigen McCloud am Leben lassen würde. Die McCloud’sche Seite der Highlands würde sich nie wieder erheben.

Als Kendrick sich der Stadt näherte, sah er dass die Rekruten der Legion tapfer an der Seite von Elden, O’Connor und Conven kämpften, zahlenmäßig schrecklich unterlegen, doch nicht einer von ihnen war bereit aufzugeben. Sein Herz schwoll vor stolz. Doch es stand nicht gut um sie.

Kendrick schrie und gab seinem Pferd noch stärker die Sporen, in einem letzten Spurt auf die Kämpfenden zu.

Als er nahe genug war, hob er einen langen Speer auf, und warf ihn. Einer der feindlichen Generäle drehte sich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie der Speer auf seine Brust zuflog und sie durchbohrte. Kendricks Wurf war stark genug gewesen, selbst seine Rüstung zu durchdringen.

Die Krieger hinter Kendrick mischten sich mit einen lauten Kampfschrei ins GetГјmmel: Die Silver waren da.

Die McClouds fuhren herum, und zum ersten Mal hatten zeichnete sich echte Furcht in ihren Gesichtern ab. Tausend Silver in glänzenden Rüstungen strömten wie eine Welle mit gezogenen Waffen den Berg hinab. Die McClouds wandten sich ihnen zu, doch nicht ohne Angst.

Die Woge der Silver stürzte sich auf sie und schwappte nach King’s Court hinein. Kendrick führte den Angriff. Er zig seine Axt und mit meisterlichem Schwung mähte er mehrere feindliche Krieger von ihren Pferden; dann zog er mit der anderen Hand sein Schwert, ritt in die Menge und rammte nacheinander mehreren Gegnern sein Schwert durch wunde Punkte ihrer Rüstung.

Die Silver mähten als Welle der Zerstörung durch die Feinde, jeder von ihnen ein ausgezeichneter Krieger, und keiner von ihnen glücklich, bis er von Feinden umringt war. Die Silver fühlten sich in der Schlacht zu Hause.

Sie hieben und stachen auf die McClouds um sich herum ein, die wie Amateure wirkten im Vergleich zu ihnen. Die Schreie wurden lauter, als sie in allen Richtungen McClouds zu Fall brachten.

Niemand konnte die Silver aufhalten. Sie waren zu schnell, zu geschickt und zu stark und zudem war jeder von ihnen ein Experte auf seinem Gebiet. Sie kämpften als Einheit, so wie sie es trainiert hatten, seitdem sie gelernt hatten, zu laufen.

Ihr Schwung und ihre Fähigkeiten jagten den McClouds Furcht und Schrecken ein, die alle nicht mehr als einfache Krieger waren, im Vergleich mit diesen hoch trainierten Rittern. Elden, Conven, O’Connor und die verbliebenen Rekruten der Legion, die durch die unerwartete Verstärkung gerettet worden waren, rappelten sich auf, und warfen sich trotz ihrer Verletzungen wieder in den Kampf, was den Silver noch weiteren Schwung gab.

Binnen weniger Augenblicke lagen hunderte von McClouds tot auf dem Feld, und die, die Гјbrig waren, wurden von Panik erfasst.

Einer nach dem anderen suchten sie ihr Heil in der Flucht. Einer nach dem anderen strömten die McClouds aus der Stadt heraus und versuchten aus King’s Court zu fliehen.

Kendrick war fest entschlossen, das nicht zuzulassen. Er ritt gefolgt von seinen Männern zu den Toren der Stadt, und versperrte den Feinden den Fluchtweg. Wie durch einen Trichter blickten die fliehenden McClouds ihren überlegenen Gegnern entgegen, als sie durch die engen Tore strömten – dieselben Tore, durch die sie vor wenigen Stunden hineingestürmt waren.

Kendrick kämpfte mit zwei Schwertern gleichzeitig, mähte Männer zu allen Seiten nieder, und wusste, dass bald alle McClouds tot sein, und King’s Court wieder ihnen gehören würde. Während er sein Leben für seine Heimat riskierte, erkannte er erneut, was es hieß, am Leben zu sein.




KAPITEL DREI


Luandas Hände zitterten, als sie langsam einen Schritt nach dem anderen über die gigantische Querung des Canyons lief. Mit jedem Schritt wurde ihr stärker bewusst, dass ihr Leben, wie sie es bisher gelebt hatte, zu Ende ging, spürte, dass sie ihre Welt hinter sich ließ, und dabei war, eine neue Welt zu betreten. Nur wenige Meter bevor sie die andere Seite erreicht hatte, hatte sie das Gefühl, als ob das ihre letzten Schritte auf Erden wären.

Nur wenige Meter vor ihr stand Romulus und hinter ihm seine Millionen Männer starke Armee. Über ihnen kreisten dutzende von Drachen und schrien schauerlich. Es waren die wildesten Kreaturen, die Luanda je gesehen hatte, und sie schienen sich selbst vor dem Schild nicht zu fürchten, denn sie flogen immer wieder gegen die unsichtbare Barriere. Luanda wusste, dass in wenigen Schritten, sobald sie den Ring verließ, der Schild für immer fallen würde.

Luanda sah dem Schicksal entgegen, das sie erwartete, dem sicheren Tod von Romulus Händen und denen seiner grausamen Männer. Doch diesmal war es ihr egal. Alles, was sie liebte, war ihr genommen worden. Ihr Gemahl Bronson, der Mann, den sie über alles geliebt hatte, war ermordet worden – und alles nur wegen Gwendolyn. Sie gab Gwendolyn die Schuld an allem. Nun, endlich, was die Zeit für ihre Rache gekommen.

Luanda blieb vor Romulus stehen und sie sahen einander über die unsichtbare Grenze hinweg an. Er war ein Mann von grotesker Statur: Doppelt so breit wie ein Mann sein sollte, schien er nur aus Muskeln zu bestehen, so viel Muskeln, dass er keine Schultern und keinen Hals zu haben schien. Sein Gesicht wurde von einem markanten Kiefer dominiert mit wachen, großen schwarzen Augen. Sein Kopf schien insgesamt zu groß für seinen Körper zu sein. Er starrte sie an wie ein Drache, der auf seine Beute hinabblickt, und sie war sich sicher, dass er sie in Stücke reißen würde.

Sie sahen einander unter angespanntem Schweigen an, ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen, zusammen mit einem Ausdruck der Überraschung.

„Ich hätte nicht gedacht, dich jemals wieder zu sehen“, sagte er. Seine Stimme war tief und knurrend und hallte über den Canyon hinweg.

Luanda schloss ihre Augen und wollte Romulus verschwinden lassen. Sie wollte ihr ganzes Leben verschwinden lassen.

Doch als sie ihre Augen Г¶ffnete, stand er immer noch vor ihr.

„Meine Schwester hat mich verraten“, sagte sie sanft. „Nun ist es an der Zeit gekommen, dass ich dasselbe tue.“

Luanda schloss ihre Augen, und mit einem letzten Schritt verließ sie die Brücke und stand wieder auf festem Boden – außerhalb des Rings.

Dabei hörte sie ein donnerndes Brausen hinter sich; Nebelschwaden schossen vom Grund des Canyons in die Höhe, wie eine riesige Welle die sich erhob, und brach so plötzlich, wie sie erschienen war wieder in sich zusammen. Es klang, als ob die Erde auseinanderbrechen wollte, und Luanda wusste mit Sicherheit, dass der Schild für immer gefallen war – und dass sie nun nichts mehr von Romulus und seiner Armee trennte.

Romulus blickte auf Luanda herab, die mit dem Mut der Verzweiflung unerschrocken vor ihm stand und ihn trotzig ansah. Sie hatte Angst, doch sie wollte sie nicht zeigen. Sie wollte Romulus diese Genugtuung nicht gönnen. Sie wollte, dass er sie tötete, während sie ihm ins Gesicht sah. Sie wollte, dass endlich alles vorbei war.

Doch stattdessen wurde Romulus� Lächeln breiter, und er sah ihr in die Augen, anstatt auf die Brücke, wie sie es erwartet hatte.

„Du hast, was du wolltest“, sagte sie verwirrt. „Der Schild ist gefallen. Der Ring gehört dir. Willst du mich jetzt nicht töten?“

Er schГјttelte den Kopf.

„Du bist nicht, was ich erwartet habe“, sagte er schließlich, nachdem er sie eine Weile lang abschätzend angesehen hatte. „Vielleicht werde ich dich am Leben lassen. Vielleicht werde ich dich sogar zu meiner Gemahlin machen.“

Bei dem Gedanken daran wurde Luanda Гјbel. Das war nicht die Reaktion, die sie sich gewГјnscht hatte.

Sie holte tief Luft und spuckte ihm ins Gesicht, in der Hoffnung, dass sie ihn damit so sehr provozieren würde, dass er sie töten würde.

Romulus wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und Luanda machte sich auf den Schlag gefasst, der nun folgen würde – sie erwartete, dass er sie schlagen würde, wie er es zuvor getan hatte, dass er ihr dabei vielleicht sogar den Kiefer brechen würde – sie rechnete mit allem, nur nicht damit, dass er freundlich sein würde. Doch stattdessen machte er einen Schritt auf sie zu, zog sie zu sich heran, riss ihren Kopf an den Haaren zurück, und küsste sie.

Sie spürte seine Lippen, grotesk, spröde, muskulös, wie eine Schlange und er presste sie immer fester an sich, so fest, dass sie kaum atmen konnte.

Endlich ließ er von ihr ab – und als er es tat, versetzte er ihr eine schallende Ohrfeige, so hart, dass ihre Haut brannte.

Luanda sah ihn entsetzt und voller Abscheu an. Sie verstand ihn nicht.

„Fesselt sie und haltet sie in meiner Nähe“, befahl er. Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als seine Männer auch schon vortraten und ihr die Hände hinter ihrem Rücken fesselten.

Romulus Augen waren vor Freude geweitet, als er seinen Männern voran den ersten Schritt auf die Brücke tat.

Da war kein Schild mehr, der ihn aufhalten konnte. Er stand sicher und wohlauf mitten auf der BrГјcke.

Romulus grinste breit, dann lachte er und streckte seine Arme zur Seite aus, während er den Kopf in den Nacken warf. Er brüllte vor Lachen, triumphierte, und der Klang seiner Stimme hallte durch den Canyon.

„Es gehört mir!“, polterte er. „Alle meins!“

Das Echo seiner Stimme wurde von den Wänden des Canyons zurückgeworfen und hallte bedrohlich.

„Männer! Auf zur Invasion!“

Seine Krieger strömten an ihm vorbei, und ihre Jubelschreie wurden von den Drachen hoch oben in der Luft beantwortet, die über den Canyon hinwegglitten. Sie flogen in die wabernden Nebelschwaden hinein, kreischten, und ließen die Welt wissen, dass der Ring nie wieder so sein würde wie früher.




KAPITEL VIER


Alistair lag am Bug des riesigen Schiffs in Erecs Armen. Auf den Wellen des Ozeans rollte es sanft auf und ab. Sie blickte fasziniert zu den unzähligen roten Sternen auf, die in der Ferne am Himmel glitzerten. Eine warme Brise umwehte sie sanft, und lullte sie in den Schlaf. Sie fühlte sich zufrieden. Einfach nur gemeinsam mit Erec in der lauen Nacht zu liegen, gab ihr ein Gefühl des Friedens. Hier, in diesem Teil der Welt, auf dem riesigen Ozean, schien es ihr, als wären alle Sorgen der Welt verflogen. Endlose Hindernisse hatten sie voneinander ferngehalten, doch nun, endlich, wurden ihre Träume war. Sie waren zusammen, und nichts und niemand stand mehr zwischen ihnen.

Sie hatten bereits die Segel gesetzt auf dem Weg zu seinen Inseln, in seine Heimat. Und wenn sie erst einmal dort angekommen waren, wГјrde sie ihn heiraten. Es gab nichts, was sie sich auf dieser Welt mehr wГјnschte.

Erec drückte sie an sich und sie legte ihren Kopf an seine Schulter, während sie sich zurücklehnten und gemeinsam gen Himmel blickten, während der sanfte Nebel des Ozeans sich wie ein Laken über sie legte. Ihre Augenlider wurden schwer.

Während sie gen Himmel blickte, staunte sie, wie riesig die Welt war; sie dachte an ihren Bruder, Thorgrin, der irgendwo da draußen war, und sie fragte sich, wo er gerade war. Sie wusste, dass er auf dem Weg zu ihrer Mutter war. Würde er sie jemals finden können? Wie war sie? War sie noch am Leben?

Alistair hätte ihn so gerne auf der Reise begleitet, denn auch sie wollte ihre Mutter kennenlernen; sie vermisste den Ring bereits, und wünschte sich zurück in ihre gewohnte Umgebung. Doch die Aufregung überwog. Sie war aufgeregt, gemeinsam mit Erec ein neues Leben an einem neuen Ort, in einem neuen Teil der Welt zu beginnen.

Sie war aufgeregt, seine Familie und sein Volk zu treffen, und zu sehen, wie seine Heimat war. Wer waren die Menschen, die auf den SГјdlichen Inseln lebten? Fragte sie sich. Wie war sein Volk? WГјrde seine Familie sie aufnehmen? WГјrden sie sich Гјber ihre Anwesenheit freuen, oder wГјrden sie sich von ihr bedroht fГјhlen? WГјrde ihnen der Gedanke an ihre Hochzeit gefallen? Oder hatten sie sich jemand anderen, vielleicht aus ihrem eigenen Volk fГјr Erec vorgestellt?

Doch was sie am meisten fürchtete war, was sie über sie denken würden, sobald sie von ihren Kräften erfuhren. Wie würden sie reagieren, wenn sie herausfanden, dass sie eine Druidin war? Würden sie sie für eine Missgeburt halten, wie alle anderen?

„Erzähl mir mehr von deinem Volk“, bat sie Erec.

„Was möchtest du wissen?“

„Erzähl mir von deiner Familie“, sagte sie.

Erec dachte eine ganze Weile still nach. SchlieГџlich sagte er:

„Mein Vater, er ist ein großartiger Mann. Er ist König meines Volkes, seit er in meinem Alter war. Sein Tod wird unsere Insel für immer verändern.“

„Hast du noch andere Familienmitglieder?“

Erec zögerte, dann nickte er schließlich.

„Ja. Ich habe eine Schwester… und einen Bruder.“ Er zögerte. „Meine Schwester und ich standen uns in unserer Kindheit sehr nahe. Doch ich muss dich warnen. Sie ist sehr besitzergreifend uns wird leicht eifersüchtig. Sie ist Außenstehenden gegenüber argwöhnisch und mag keine Fremden in unserer Familie. Und mein Bruder…“ Erec schwieg.

Alistair hakte nach.

„Was ist mit ihm?“

„Du wirst nie einem besseren Kämpfer als ihm begegnen. Doch er ist mein jüngerer Bruder und für ihn war immer alles ein Wettstreit mit mir. Ich habe ihn immer als meinen Bruder angesehen, doch er sieht mich als Konkurrenz, als jemanden, der ihm im Weg steht. Ich weiß nicht warum, doch so ist es eben. Ich wünschte wir stünden uns näher.“

Alistair sah ihn Гјberrascht an. Sie konnte nicht verstehen, wie jemand in Erec etwas anderes als einen liebevollen Menschen sehen konnte.

"Und es ist immer noch so?", fragte sie.

Erec zuckte mit den Achseln.

"Ich habe keinen von ihnen gesehen, seit ich ein Kind war. Es ist meine erste Rückkehr in meine Heimat; fast dreißig Sonnen-Zyklen sind vergangen. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Ich bin heute vielmehr ein Geschöpf des Rings. Und doch, wenn mein Vater stirbt… bin ich sein ältestes Kind. Mein Volk wird von mir erwarten, dass ich den Thron übernehme. "

Alistair hielt inne, sie wollte nicht neugierig erscheinen.

"Und wirst du es tun?"

Erec zuckte die Schultern.

„Es ist nicht gerade etwas, was ich angestrebt habe. Doch wenn mein Vater es wünscht, kann ich nicht ablehnen.“

Alistair studierte seine Miene.

„Du liebst ihn sehr.“

Erec nickte, und sie konnte im Sternenlicht sehen, wie sich seine Augen mit Tränen füllten.

„Ich bete nur, dass unser Schiff rechtzeitig ankommt, bevor er stirbt.“

Alistair dachte Гјber seine Worte nach.

„Und was ist mit deiner Mutter?“, fragte sie. „Denkst du, sie wird mich mögen?“

Erec lächelte.

„Wie ihre eigene Tochter“, sagte er. „Denn sie wird sehen, wie sehr ich dich liebe.“

Sie küssten sich. Alistair lehnte sich zurück und während sie gen Himmel blickte, ergriff sie Erecs Hand.

„Du darfst eines nie vergessen – ich liebe dich. Mehr als alles andere. Das ist alles was zählt. Mein Volk wird die größte Hochzeit ausrichten, die die Südlichen Inseln je gesehen haben. Sie werden uns mit Festlichkeiten überschütten. Und du wirst von allen geliebt werden.“

Alistair betrachtete die Sterne, wobei sie Erecs Hand festhielt und nachdachte. Sie zweifelte nicht an seiner Liebe zu ihr, doch sie fragte sich, wie sein Volk zu ihr stehen wГјrde, ein Volk, das er selbst kaum kannte. WГјrden sie sie akzeptieren, so wie er es annahm? Sie war sich nicht sicher.

Plötzlich hörte Alistair schwere Schritte. Sie sah sich um und sah, wie das Besatzungsmitglied an der Reling stand und einen großen toten Fisch über Bord warf. Sie hörte ein leises Platschen, gefolgt von einem lauteren, als ein anderer Fisch hochsprang und ihn vertilgte. Dann hörte sie ein furchtbares Geräusch aus dem Wasser, das wie Stöhnen oder Weinen klang, gefolgt von weiterem Platschen.

Alistair beobachtete den Seemann. Er war unrasiert, trug abgerissene Kleider und ihm fehlten einige Zähne. Mit einem dümmlichen Grinsen lehnte er sich über die Reling. Er drehte sich um und sah sie an. Sein Gesicht wirkte böse, geradezu grotesk im Sternenlicht. Alistair hatte ein ungutes Gefühl dabei.

„Was hast du da über Bord geworfen?“, fragte Erec.

„Die Innereien eines Simkafischs“, antwortete er.

„Warum?“

„Sie sind giftig“, antwortete er grinsend. „Jeder Fisch, der sie frisst, stirbt auf der Stelle.“

Alistair sah in entsetzt an. „Doch warum willst du die Fische töten?“

Der Mann grinste noch breiter.

„Ich sehe ihnen gerne beim Sterben zu. Ich höre gerne ihre Schreie, und mir gefällt es zu beobachten, wie sie mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche treiben. Es mach Spaß.“

Der Mann drehte sich um und ging langsam zurück zu Rest der Besatzung. Während Alistair ihm dabei zusah, bekam sie eine Gänsehaut.

„Was hast du?“, fragte Erec sie.

Alistair wandte den Blick ab und schГјttelte den Kopf. Sie versuchte das ungute GefГјhl zu vertreiben, doch es lieГџ sich nicht abschГјtteln; es war eine finstere Vorahnung, doch sie war sich nicht sicher wofГјr.

„Nicht, mein Geliebter.“

Sie lehnte sich wieder an ihn, und versuchte sich einzureden, dass alles in Ordnung war. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass nichts in Ordnung war.


*

Erec erwachte mitten in der Nacht. Er spГјrte, wie das Schiff langsam auf und ab dГјmpelte, und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Der Krieger in ihm, der Teil von ihm, der ihn schon immer gewarnt hatte, wenn etwas Schlimmes bevorstand. Er hatte immer einen GespГјr dafГјr gehabt, schon seit er ein kleiner Junge war.

Er setzte sich auf, und sah sich um. Alistair schlief tief und fest neben ihm. Es war noch immer dunkel, das Boot tanzte immer noch auf den Wellen, doch etwas stimmte nicht. Er sah sich um, doch er sah kein Anzeichen dafГјr, dass etwas nicht stimmte.

Welche Gefahr sollte es hier draußen, mitten im Nirgendwo, schon geben? Hatte er nur geträumt?

Erec vertraute seinem Instinkt und griff nach seinem Schwert. Doch bevor er es ergreifen konnte, spürte er plötzlich, wie ein schweres Netz über ihn geworfen wurde und festgezogen wurde.

Bevor er reagieren konnte, wurde er in die Höhe gezogen, wie ein Fisch im Netz, die Maschen des Netzes so eng um ihn, dass er sich nicht bewegen konnte.

Er wurde immer höher gezogen, bis er schließlich, wie ein Tier in der Falle, fünf Meter über dem Deck baumelte.

Erecs Herz pochte wild in seiner Brust, während er versuchte zu verstehen, was vor sich ging. Er blickte auf Alistair herab, die nun ebenfalls aufgewacht war.

„Alistair!“, schrie Erec.

Sie blickte sich nach ihm um, und als sie endlich nach oben sah, war sie geschockt.

„EREC!“, schrie sie verwirrt.

Erec sah, wie ein paar Dutzend Besatzungsmitglieder mit Fackeln auf sie zukamen. Alle hatten ein zu grotesken Fratzen verzogenes, böses Grinsen im Gesicht, als sie sich ihr näherten.

„Es ist an der Zeit, dass du sie mit uns teilst“, sagte einer von ihnen.

„Ich werde dem Prinzesschen zeigen, was ein Seemann alles kann!“, knurrte ein anderer.

Die Gruppe brach in Gelächter aus.

„Du bist nach mir dran“, sagte ein anderer.

„Nicht vor mir!“, brüllte der nächste.

Erec versuchte, sich mit aller Kraft zu befreien, als sie immer näher kamen. Doch es hatte keinen Sinn. Seine Schultern und Arme waren zu sehr festgezurrt, er konnte nicht einmal seinen kleinen Finger rühren.

„ALISTAIR!“, schrie er verzweifelt.

Er konnte nicht mehr tun, als hilflos von oben zuzusehen. Drei der Seemänner stürzten sich von hinten auf Alistair. Sie schrie, als sie sie von den Füssen rissen, ihren Rock hochzerrten und ihre Arme hinter dem Rücken festhielten. Die Männer hielten sie fest, während andere mit lüsternen Mienen auf sie zukamen.

Erec suchte das Schiff nach dem Kapitän ab. Er fand ihn auf dem Oberdeck, in Ruhe die Szene beobachtend.

„Kapitän!“, schrie Erec. „Das ist dein Schiff. Tu etwas!“

Der Kapitän sah ihn an, dann wendete er sich langsam ab, als wollte er die Szene nicht mitansehen.

Erec sah verzweifelt zu, wie ein Seemann sein Messer zog und es Alistair an den Hals hielt. Sie schrie.

„NEIN!“, schrie Erec.

Es war, als würde sich unter ihm ein Alptraum abspielen – doch am schlimmsten war für ihn, dass er nichts dagegen tun konnte.

.




KAPITEL FГњNF


Thorgrin stand Andronicus alleine auf dem Schlachtfeld gegenüber. Um sie herum lagen überall gefallene Krieger. Er hob sein Schwert hoch und ließ es in Richtung von Andronicus� Brust heruntersausen. Als er es tat, ließ Andronicus seine Waffen fallen, lächelte breit und streckte Thor seine Arme entgegen, um ihn zu umarmen.

Mein Sohn.

Thor wollte den Schwerthieb aufhalten, doch es war zu spät. Das Schwert rauschte durch seinen Vater hindurch, und Thor wurde von Trauer zerfressen.

Er blinzelte und fand sich in einem endlos langen Gang wieder und hielt Gwendolyns Hand. Er erkannte, dass das ihr Hochzeitszug war. Sie gingen auf eine blutrote Sonne zu, und als Thor sich umsah, sah er, dass die Sitze auf beiden Seiten leer waren. Er wandte sich zu Gwendolyn um. Schockiert musste er mitansehen, wie ihre Haut verdorrte und sie zu einem Skelett wurde, bis sie schließlich als Sandhäufchen zu Boden fiel.

Im nächsten Augenblick stand Thor vor dem Schloss seiner Mutter. Irgendwie hatte er die Brücke überquert, und stand vor gigantischen Doppeltüren aus Gold. Sie glänzten gleißend in der Sonne und waren dreimal so hoch wie er. Es gab keinen Knauf, darum hämmerte er mit seinen Händen gegen die Türen, bis sie zu bluten anfingen. Der Klang hallte durch die Welt, doch niemand öffnete.

Thor legte den Kopf in den Nacken.

„Mutter!“, schrie er.

Er sank auf die Knie, und plötzlich wurde der Boden zu Schlamm. Thor rutschte von einer Klippe und fiel um sich schlagend durch die Luft, hunderte von Metern, in die tosenden Wellen des Ozeans. Er streckte seine Hände gen Himmel während er das Schloss seiner Mutter aus dem Blick verlor. Er schrie.

Thor riss die atemlos die Augen auf, der Wind wehte ihm über das Gesicht während er sich verwirrt umsah, und versuchte sich zu erinnern, wo er war. Er blickte nach unten und sah, wie der Ozean unter ihm mit schwindelerregender Geschwindigkeit vorbeirauschte. Er hielt sich an etwas rauem fest, hörte das schlagen von riesigen Flügeln und sah, dass er sich an Mycoples Schuppen festhielt. Seine Hände waren kalt von der Luft der Nacht, sein Gesicht taub vom Wind. Thor realisierte, dass er eingeschlafen sein musste. Sie waren schon seit Tagen unterwegs. Mycoples glitt schnell durch den nächtlichen Himmel, der nur von den rot glitzernden Sternen erleuchtet wurde.

Thor seufzte und wischte sich mit der Hand Гјber die Stirn, auf der kalter SchweiГџ stand. Er hatte sich geschworen, wach zu bleiben, doch sie waren schon so lange ununterbrochen auf der Suche nach dem Land der Druiden, dass Thor mГјde war.

Glücklicherweise hatte Mycoples offensichtlich bemerkt, dass er schlief und war umsichtig genug geflogen, um ihn nicht versehentlich abzuwerfen. Sie waren nun schon so lange gemeinsam unterwegs, dass sie eine Einheit geworden waren. So sehr Thor auch den Ring vermisste, er freute sich, alleine mit seiner alten Freundin die Welt zu bereisen; er wusste, dass auch sie glücklich war, denn sie schnurrte zufrieden. Er wusste, dass Mycoples niemals zulassen würde, dass ihm etwas zustieß – und er fühlte genauso für sie.

Thor blickte nach unten und betrachtete die schäumenden, leuchtenden Wasser des Meeres; es war ein seltsamer und exotischer Ozean, den er noch nie zuvor gesehen hatte, jedoch nur einer von vielen, den sie auf ihrer Suche überflogen hatten. Sie flogen immer weiter nach Norden, wobei sie dem Pfeil auf dem Relikt folgten, das er in seinem Dorf gefunden hatte. Thor wusste, dass sie sich seiner Mutter näherten. Ihr und dem Land der Druiden. Er konnte es spüren.

Thor hoffte, dass der Pfeil in die richtige Richtung wies. Doch tief im Inneren wusste er, dass dem so war. Er konnte mit jeder Faser seines Seins spГјren, dass das Relikt ihn zu seiner Mutter, zu seinem Schicksal fГјhrte.

Thor rieb sich die Augen, fest entschlossen, wach zu bleiben. Er hatte gehofft, dass sie das Land der Druiden bereits erreicht hatten, zumal es sich anfühlte, als wären sie bereits um die halbe Welt gereist. Einen Augenblick lang machte er sich Sorgen: War alles nur eine Fantasie? Was, wenn seine Mutter gar nicht existierte? Was, wenn das Land der Druiden nicht existierte. Was, wenn er dazu verdammt war, sie nie zu finden?

Er versucht, die Gedanken abzuschütteln während Mycoples unermüdlich weiterflog.

Schneller, dachte Thor.

Mycoples schnurrte und schlug fester mit ihren FlГјgeln; dann senkte sie den Kopf und sie tauchten durch den Nebel, auf einen Ort hinter dem Horizont zu, von dem sich Thor nicht einmal sicher war, ob er Гјberhaupt existierte.

Ein Tag brach an, wie Thor ihn noch nicht gesehen hatte. Nicht zwei, sondern drei Sonnen kletterten am Himmel empor, eine rot, eine grГјn und eine purpurn.

Sie flogen über die Wolken hinweg, so dicht, dass Thor die dichte Decke, die in bunte Farben getaucht war, fast berühren konnte. Thor genoss den schönsten Sonnenaufgang, den er je gesehen hatte. Die Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken und streichelten seine Haut und tanzten in bunten Farben über Mycoples schillernde Schuppen. Er hatte das Gefühl, der Geburt der Welt entgegen zu fliegen.

Er lenkte Mycoples in einen Sinkflug, und es fГјhlte sich feucht an, als sie durch die Wolkendecke flogen. Sofort nach dem Eintauchen schwirrte ihre Welt vor bunten Farben und er war wie geblendet vom Licht. Als sie die Wolken verlieГџen, rechnete Thor damit, einen weiteren Ozean unter sich zu finden, eine weitere endlose Leere.

Doch diesmal begrГјГџte ihn etwas anderes:

Sein Herz machte einen Sprung als er unter sich das sah, was lange Zeit seine Träume beherrscht hatte. Dort, weit unter ihm, kam Land in Sicht. Es war eine Insel, eingehüllt in Nebel, mitten in diesem unglaublichen Ozean. Das Relikt vibrierte in seiner Hand, und als er es ansah, sah er dass der Pfeil blinkte und steil nach unten zeigte. Doch er hätte es nicht einmal sehen müssen – er wusste es auch so. Er spürte es mit jeder Faser seines Seins. Sie war hier. Seine Mutter. Das magische Land der Druiden existierte, und er hatte es gefunden.

Nach unten, liebe Freundin, dachte er.

Mycoples begab sich in den Sinkflug, und als sie näher kamen, konnte Thor immer weitere Details der Insel ausmachen. Er sah endlose blühende Felder, den Feldern in King’s Court ausgesprochen ähnlich. Er konnte es nicht fassen. Die Insel kam ihm so bekannt vor, beinahe so, als ob er nach langer Zeit nach Hause zurückgekehrt war. Er hatte eine exotischere Landschaft erwartet. Es war ihm schon fast unheimlich, wie bekannt ihm alles vorkam. Wie konnte das sein?

Die Insel wurde zu allen Seiten von einem breiten rot glitzernden Sandstrand begrenzt an dem sich die Wellen rauschend brachen. Als sie näher kamen, sah Thor etwas, das ihn überraschte. Zwei riesige Säulen erhoben sich wie ein Tor gen Himmel und verschwanden in den Wolken. Es waren die größten Säulen, die er je gesehen hatte. Eine Mauer, vielleicht sieben Meter hoch, umgab die gesamte Insel, und der einzige Fußweg hinein schien durch diese Säulen zu führen.

Da er jedoch auf Mycoples ritt, entschied Thor, dass er nicht durch die Säulen gehen musste. Er würde einfach über die Mauer hinwegfliegen und landen, wo es ihm gerade gefiel.

Thor lenkte Mycoples in Richtung der Mauer. Doch als sie sich ihr näherten, überraschte ihre Reaktion ihn. Sie schrie auf und wandte sich scharf ab, riss ihre Krallen in die Luft, bis sie fast senkrecht flogen. Es war, als wäre sie gegen einen unsichtbaren Schild geflogen, und Thor musste sich mit aller Kraft festhalten, um nicht abzustürzen. Er wollte, dass sie weiterflog, doch sie weigerte sich.

In diesem Augenblick erkannte Thor: Die Insel war umgeben von einer Art von Energieschild. Einem Schild, der so mächtig war, dass selbst Mycoples ihn nicht durchdringen konnte. Man konnte nicht über die Mauer hinwegfliegen. Er lenkte Mycoples zu den Säulen und wollte sie dazu bewegen, hindurchzufliegen, doch wieder wehrte sie sich und riss ihre Krallen hoch.

Ich kann nicht hinein.

Thor spГјrte Mycoples Gedanken. Er sah sie anВё sah, wie sie mit ihre groГџen glitzernden Augen blinzelte, und verstand.

Sie wollte ihm begreiflich machen, dass er ohne sie ins Land der Druiden gehen musste. Thor sprang in den roten Sand und betrachtete die Säulen.

„Ich kann dich nicht einfach so hier lassen, liebe Freundin“, sagte Thor. „Es ist zu gefährlich für dich. Wenn ich alleine gehen muss, dann muss ich es tun. Doch du kehre nach Hause zurück, wo du sicher bist und warte dort auf mich.“

Mycoples schГјttelte den Kopf und lieГџ sich nieder.

Ich werde auf dich bis ans Ende dieser Welt warten.

Thor lehnte sich vor, strich Гјber Mycoples Kopf und kГјsste sie. Sie schnurrte und lehnte ihren Kopf an seine Brust.

„Ich komme wieder, liebe Freundin“, sagte Thor.

Er drehte sich um und betrachtete die Säulen. Sie waren aus Gold und glänzten in der Sonne. Er fühlte sich auf eine Weise lebendig, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte als er durch das Tor ging und endlich das Land der Druiden betrat.




KAPITEL SECHS


Gwendolyn saß in der Kutsche, die über die ländlichen Straßen ruckelte, an der Spitze der Karawane ihres Volkes, die sich langsam in Richtung Westen, fort von King’s Court bewegte. Gwendolyn war zufrieden mit der Evakuierung, die bisher geordnet verlaufen war, und zufrieden mit dem Fortschritt, den ihr Volk gemacht hatte. Sie hasste den Gedanken, ihre Stadt zu verlassen, doch sie war sich sicher, dass sie genug Abstand gewonnen hatten, sodass die Leute in Sicherheit waren.

Sicher auf dem Weg zur Westlichen Querung des Canyons, um an der Küste des Tartuvianischen Meeres an Bord der wartenden Flotte zu gehen über das Meer zu den Oberen Inseln zu segeln. Sie wusste, dass das der einzige Weg war, die Sicherheit ihres Volkes zu gewährleisten.

Die Geräusche von tausenden von Menschen in Kutschen und mindestens genauso vielen zu Fuß, von knarzenden Rädern und Hufgetrappel, erfüllten Gwendolyns Ohren. Die Klänge wirkten ermüdend auf Gwendolyn und Guwayne, der an ihrer Brust schlief, während sie ihn sanft schaukelte. Neben ihr saßen Steffen und Illepra in der Kutsche.

Gwendolyn ließ den Blick über die Straße und die Landschaft vor sich schweifen, und versuchte sich vorzustellen, an einem anderen Ort zu sein – egal wo, nur nicht hier.

Sie hatte so hart gearbeitet, das Königreich wiederaufzubauen, und nun war sie auf der Flucht. Die Invasion durch die McClouds hatte sie dazu gezwungen, ihren Plan von der Massen-Evakuierung in die Tat umzusetzen – doch in erster Linie hatten sie neben den alten Prophezeiungen und Argons Hinweisen ihre Alpträume und Vorahnungen dazu bewogen. Doch was, wenn sie sich irrte? Was, wenn es wirklich nur Träume gewesen sind? Was, wenn sich alles schnell wieder beruhigen würde? War die Evakuierung eine Überreaktion, vielleicht sogar unnötig? Sie könnte ihre Leute schließlich auch in eine andere Stadt evakuieren, nach Silesia vielleicht. Sie musste sie nicht über das Meer schicken.

Das war nur dann nötig, wenn die vollständige Zerstörung des Rings bevorstand. Und nach allem, was sie gelesen, gehört, und gespürt hatte, stand die Zerstörung unmittelbar bevor. Sie versuchte sich einzureden, dass die Evakuierung der einzige Weg war.

Während Gwendolyn den Horizont betrachtete, wünschte sie sich Thor an ihrer Seite. Sie blickte gen Himmel, und fragte sich, wo er jetzt war. Hatte er das Land der Druiden gefunden? Hatte er seine Mutter gefunden? Würde er zu ihr zurückkehren?

Und wГјrden sie jemals heiraten?

Gwendolyn blickte in Guwaynes Augen und es war, als wГјrde sie in Thors graue Augen blicken. Sie drГјckte ihn an sich. Sie versuchte nicht an das Opfer, das sie im Reich der Toten hatte bringen mГјssen, zu denken. WГјrde es geschehen? Konnte das Schicksal wirklich so grausam sein?

„Mylady?“

Gwendolyn zuckte zusammen; sie fuhr herum und sah Steffen, der gen Himmel deutete. Sie bemerkte, dass die Leute um sie herum stehen blieben und auch ihre Kutsche kam plötzlich zum Stillstand. Sie war irritiert, dass der Kutscher ohne ihren Befehl anhielt.

Mit dem Blick folgte sie Steffens Finger, und sah überrascht, dass drei brennende Pfeilen gen Himmel geschossen wurden, aufstiegen und dann wie Sternschnuppen zu Boden fielen. Sie konnte es kaum fassen. Die drei brennenden Pfeile konnten nur eines bedeuten: Ein Zeichen der MacGils. Die Klauen des Falken, ein Siegeszeichen, so alt wie die Zeit. Ihr Vater, sein Vater vor ihm und dessen Vorväter hatten es schon verwenden. Ein Signal der MacGils nur für MacGils. Es gab keine Zweifel: Sie mussten gesiegt haben. Sie mussten King’s Court zurückerobert haben.

Doch wie war das möglich? fragte sie sich. Als sie geflohen waren, bestand keine Hoffnung für die Stadt, geschweige denn für einen Sieg – ihre geliebte Stadt war von den McClouds überrannt worden, und nur wenige waren zurückgeblieben, um für sie und die Bürger Zeit zu gewinnen.

Gwendolyn sah, wie sich am fernen Horizont ein Banner immer höher und höher im Wind erhob. Sie blinzelte, und es bestand kein Zweifel. Es war ihr eigenes Banner. Das konnte nichts anderes bedeuten, als dass King’s Court wieder in den Händen der MacGils war.

Einerseits war Gwendolyn überglücklich, und wollte sofort zurückkehren. Doch andererseits, musste sie an Argons Prophezeiungen denken, an die Schriften, die sie gelesen hatte und an ihre eigenen, dunklen Vorahnungen, wenn sie die Straße betrachtete, auf der sie reisten. Tief im Inneren hatte sie das immer noch das Gefühl, dass sie ihre Leute von hier fort bringen musste. Vielleicht hatten sie King’s Court zurückerobert, doch das hieß noch lange nicht, dass der Ring sicher war. Gwendolyn war sich sicher, dass etwas noch viel Schlimmeres auf sie zukam, und dass sie ihr Volk in Sicherheit bringen musste.

„Scheint, dass wir gesiegt haben!“, sagte Steffen.

„Ein Grund zu feiern, mein Kind!“, rief Aberthol, der sich ihrer Kutsche näherte.

„King’s Court ist unser!“, riefen die Bürger unter lautem Jubel.

„Wir müssen sofort zurückkehren!“

Die BГјrger jubelten erleichtert, doch Gwendolyn schГјttelte entschlossen den Kopf.В  Sie stand auf und wandte sich ihrem Volk zu. Alle Augen lagen auf ihr.

„Meine lieben Bürger! Wir werden nicht umkehren!“, rief sie. „Wir haben die Evakuierung begonnen, und wir müssen dem Plan weiter folgen. Ich spüre, dass dem Ring große Gefahr droht, und ich muss euch alle in Sicherheit bringen, bevor es zu spät ist.“

Die Leute murrten unzufrieden, während einige Bürger vortraten und gen Horizont wiesen.

„Ich weiß nicht, wie der Rest von euch darüber denkt“, bellte einer, „doch King’s Court ist meine Heimat! Es ist mein Ein und Alles! Ich werde ganz sicher nicht das Meer überqueren um auf eine mir fremde Insel zu fliehen, wissend, dass die Stadt fest in unseren Händen ist! Ich gehe zurück!“

Die Leute jubelten ihm zu als an Gwendolyns Kutsche vorbei zurück in Richtung King’s Court ging. Hunderte von Bürgern folgten ihm zu Fuß oder in ihren Kutschen und machten sich auf den Weg zurück nach King’s Court.

„Mylady, soll ich sie aufhalten?“, fragte Steffen irritiert. Loyal wie er war, wäre ihm das nie eingefallen.

„Du hörst die Stimme des Volkes, mein Kind“, sagte Aberthol. „Es wäre dumm, es ihnen zu verweigern. Du kannst, es ihnen nicht verweigern. Es ist ihre Heimat, alles was sie kennen. Streite nicht mit deinen eigenen Leuten. Führe sie nicht ohne guten Grund von hier fort.“

„Aber ich habe einen guten Grund“, sagte sie. „Ich weiß, dass die Zerstörung bevorsteht!“

Aberthol schüttelte seinen Kopf. „Doch sie wissen es nicht“, antwortete er. „Ich zweifle nicht an dir. Herrscher blicken voraus, während die Massen lediglich ihren Instinkten folgen. Und Herrscher sind nur so mächtig, wie das Volk es ihnen zu sein erlaubt.“

Gwendolyn stand mit geballten Fäusten in der Kutsche. Die Frustration brannte tief in ihr, während sie mitansehen musste, wie sich ihr Volk ihrem Befehl widersetze und nach King’s Court zurückkehrte. Es war das erste Mal, dass sie sich ihr offen widersetzten und ihr gefiel das Gefühl ganz und gar nicht. War das ein Ausblick auf das, was noch kommen würde? Waren ihre Tage als Herrscherin gezählt?

„Mylady, soll ich den Kriegern befehlen, sie aufzuhalten?“, fragte Steffen.

Sie hatte das Gefühl, dass er der einzige war, der ihr noch treu ergeben war. Nur zu gerne hätte sie ja gesagt.

Doch als sie immer mehr Menschen in Richtung King’s Court aufbrechen sah, wusste sie, dass es vergeben wäre.

„Nein“, sagte sie leise mit gebrochener Stimme. Sie fühlte sich im Stich gelassen. Doch was ihr am meisten wehtat, war dass sie wusste, dass die Rückkehr ihres Volkes ihnen nur schaden würde, und dass es nichts gab, was sie tun konnte, um diesen Prozess aufzuhalten. „Ich kann nicht aufhalten, was das Schicksal für sie vorgesehen hat.“


*

Niedergeschlagen folgte Gwendolyn ihrem Volk zurück nach King’s Court. Als ihre Kutsche durch die Tore von King’s Court fuhr konnte sie schon die Jubelschreie und Feierlichkeiten auf der anderen Seite hören. Ihre Bürger waren glücklich, tanzten und warfen ihre Heute in die Luft als sie wieder in der Stadt ankamen. Ihr geliebtes King’s Court – ihre Heimat. Alle strömten zu den siegreichen Kriegern um Kendrick und die Silver, um ihnen zu gratulieren.

Doch Gwendolyn war hin und hergerissen. Einerseits war sie froh, wieder hier zu sein, zufrieden, dass sie die McClouds besiegt hatten, und glГјcklich, Kendrick und die anderen in Sicherheit zu wissen. Sie war stolz darauf, die toten McClouds Гјberall in der Stadt zu sehen, und ГјberglГјcklich dass ihr Bruder Godfrey Гјberlebt hatte. Er saГџ am Rande des Geschehens und lieГџ seine Verletzungen versorgen.

Doch andererseits, konnte Gwendolyn das ungute Gefühl nicht loswerden, dass ihnen allen schreckliches Unheil bevorstand, und dass es für ihr Volk das beste gewesen wäre, es zu evakuieren, bevor es zu spät war.

Doch die Leute hatten sich vom Sieg hinreißen lassen. Sie würden nicht auf die Stimme der Vernunft hören.

Als sie sich umsah, bemerkte sie erleichtert, dass die McClouds schnell besiegt worden waren, bevor sie die Gelegenheit gehabt hatten, allzu groГџen Schaden anzurichten.

„Gwendolyn!“

Gwendolyn drehte sich um. Kendrick sprang vom Pferd, stГјrmte zu ihr herГјber, und umarmte sie. Sie fiel ihm um den Hals, nachdem sie Guwayne Illepra in die Arme gelegt hatte. Seine RГјstung fГјhlte sich hart und kalt an.

„Mein Bruder“, sagte sie und sah ihn an. Seine Augen glänzten im Siegestaumel. „Ich bin stolz auf dich. Du hast so viel mehr getan, als nur die Stadt zu halten – du hast die MacGils ausgelöscht. Du und deine Silver. Ihr verkörpert alles, was Tapferkeit und Ehre bedeutet. Vater wäre stolz!“

Kendrick lächelte und deutete eine Verneigung an.

„Danke für deine Worte, liebe Schwester. Ich konnte nicht zulassen, dass unsere Stadt, die Stadt unseres Vaters, von diesen Heiden zerstört wird. Doch ich war nicht allein; du hättest sehen sollen, wie Godfrey den ersten Widerstand geleistet hat. Er und eine Handvoll anderer, und selbst die Rekruten der Legion – sie alle haben geholfen, die Angreifer aufzuhalten.“

Gwendolyn wandte sich zu Godfrey um, der mit einem gequälten Lächeln auf den Lippen zu ihnen hinüber getrottet kam. Er hielt sich den Kopf; an seiner Schläfe klebte getrocknetes Blut.

„Du bist heute zum Mann geworden, mein Bruder“, sagte sie ernst zu ihm, während sie ihm den Arm um die Schulter legte. „Vater wäre stolz auf dich.“

Godfrey lächelte sie scheu an.

„Ich wollte dich nur warnen“, sagte er.

„Du hast so viel mehr als das getan.“

Elden, O’Connor, Conven, und dutzende von jungen Rekruten gesellten sich ebenfalls zu ihnen.

„Mylady“, sagte Elden. „Unsere Männer haben heute tapfer gekämpft. Doch wir haben leider viele von ihnen verloren.“

Gwendolyn sah an ihm vorbei zu den Toten, die Гјberall verstreut lagen. Neben einer Menge McClouds sah sie dutzende von Rekruten der Legion und sogar eine Handvoll toter Silver. Der Anblick weckte schmerzliche Erinnerungen an die letzte Invasion ihrer Stadt. Gwen musste den Blick abwenden.

Sie drehte sich um und sah ein Dutzend McClouds, die überlebt hatte, mit gefesselten Händen und gesenkten Blicken.

„Wer sind die da?“

„Die Generäle der McClouds“, antwortete Kendrick. „Wir haben sie am Leben gelassen. Sie sind alles, was von ihrer Armee noch übrig ist. Was sollen wir mit ihnen tun?“

Gwendolyn sah sie an. Doch trotz ihrer Niederlage starrten sie trotzig und stolz zurück. Sie waren grobschlächtige Männer, typische McClouds, die nie auch nur einen Anflug von Reue zeigten.

Gwendolyn seufzte. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie gedacht hatte, dass Frieden die Antwort auf alle Fragen war, dass sie, wenn sie nur freundlich und gütig genug zu ihren Nachbarn war, wenn sie nur genug guten Willen zeigen würde, dass auch sie ihr und ihrem Volk gegenüber freundlich gesinnt wären. Doch je länger sie regierte, desto mehr erkannte sie, dass andere ihre Friedensangebote als Zeichen von Schwäche ansahen, als etwas, das sie ausnutzen konnten. All ihre Friedensbemühungen waren auf eines hinausgelaufen: Einen Überraschungsangriff am heiligsten Tag des Jahres – dem Tag der Pilgerfahrt.

Gwendolyn spГјrte, wie ihr Herz hart wurde. Sie war nicht mehr so naiv, hatte nicht mehr denselben Glauben in die Menschen, den sie einmal besessen hatte. Sie fasste mehr und mehr Vertrauen in ihre Armee: die Herrschaft des Stahls war angebrochen.

Gwendolyn sagte: „Tötet sie alle!“, und Kendrick und die anderen sahen sie überrascht an. Das hatten sie von ihrer Königin, die immer so sehr um den Frieden bemüht war, nicht erwartet.

„Habe ich dich richtig verstanden?“, fragte Kendrick mit Überraschung in der Stimme.

Gwendolyn nickte.

„Das hast du“, antwortete sie. „Und wenn du fertig bis, lass ihre Leichen einsammeln und sie aus der Stadt schaffen.“

Gwendolyn wandte sich um und ging durch den Hof von King’s Court. Hinter sich hörte sie die Schreie der McClouds. Trotz der Tatsache, dass es ihr eigener Befehl gewesen war, zuckte sie zusammen.

Gwendolyn ging durch eine groteske Szene: Die Straßen waren voller Toter McClouds und voller jubelnder Bürger, die sich freuten und tanzten und in ihre Häuser zurückkehrten, als wäre niemals etwas gewesen. Während sie ihnen dabei zusah, füllte sich ihr Herz mit Furcht.

„Die Stadt gehört wieder uns“, sagte Kendrick mit einem Lächeln, als er sie einholte.

Sie schГјttelte den Kopf.

„Doch nicht für lange.“

Er sah sie verwirrt an.

„Was meinst du damit?“

Sie blieb stehen und sah ihn an.

„Ich habe die Prophezeiungen gelesen“, sagte sie. „Die alten Schriften. Ich habe mit Argon gesprochen. Ich habe Träume. Wir werden angegriffen werden. Es war ein Fehler hierher zurückzukehren. Wir müssen sofort wieder von hier weg.“

Kendrick sah sie an. Sein Gesicht war aschfahl, und Gwendolyn seufzte, während sie die Bürger beobachtete.

„Doch mein Volk will nicht hören.“

Kendrick schГјttelte den Kopf.

„Was ist, wenn du dich irrst?“, sagte er. „Was, wenn du zu viel in die Prophezeiungen hineininterpretierst? Wir haben die beste Armee der Welt. Nichts kann unsere Tore erreichen. Die McClouds sind tot, und im Ring ist uns sonst niemand feindlich gesinnt. Der Schild schützt uns vor Gefahren von außen. Zudem haben wir Ralibar, wo immer er auch sein mag. Du hast nichts zu befürchten. Wir haben nichts zu befürchten.“

Gwendolyn schГјttelte den Kopf.

„Das ist genau der Augenblick, in dem wir am meisten zu fürchten haben“, antwortete sie.

Kendrick seufzte und griff ihre Hand.

„Gwendolyn, Schwester, das war ein dreister Überfall“, sagte er. „Sie haben uns am Tag der Pilgerfahrt überrascht. Wir werden King’s Court nie wieder unbewacht lassen. Die Stadt ist eine Festung. Sie hat tausende von Jahren überdauert. Und nun ist niemand mehr da, der uns Böses will.“

„Du irrst ich“, sagte sie.

„Nun, selbst wenn ich mich irre, du weißt, dass die Leute nicht gehen werden. Schwester“, sagte Kendrick mit sanfter Stimme. „Ich liebe dich. Doch ich spreche als Oberbefehlshaber der Silver. Wenn du versucht, deine Leute zur Evakuierung zu zwingen, werden sie sich gegen dich auflehnen. Sie sehen die Gefahr nicht, die du siehst. Und um ehrlich zu sein, ich kann sie auch nicht sehen.“

Gwendolyn sah die Bürger an, und wusste, dass Kendrick Recht hatte. Sie würden nicht auf sie hören. Nicht einmal ihr eigener Bruder glaubte ihr.

Das brach ihr das Herz.


*

Gwendolyn stand alleine auf den Zinnen des Schlosses und hielt Guwayne fest an sich gedrückt. Gedankenversunken betrachtete sie den Sonnenuntergang. Unter sich hörte sie den gedämpften Jubel ihrer Untertanen, die sich auf eine Nacht des Feierns vorbereiteten. Sie ließ den Blick über die Felder schweifen, die King’s Court umgaben. Ein Königreich am Scheitelpunkt. Die Felder waren schwanger mit der Ernte des Sommers, endlose saftig grüne Wiesen mit Obstbäumen, die voller Früchte hingen. Das Land war zufrieden, wiederaufgebaut nach all den schrecklichen Tragödien, und vor ihr lag eine friedliche Welt.

Gwendolyn runzelte die Stirn und fragte sich, wie jemals irgendetwas Böses über diesen Ort hereinbrechen sollte. Vielleicht war die Dunkelheit, die sie gesehen hatte, die McClouds gewesen. Vielleicht hatten sie die Krise dank Kendrick und den anderen bereits überwunden. Vielleicht hatte Kendrick ja Recht. Vielleicht war sie übervorsichtig geworden, seitdem sie den Thron bestiegen, und so viel Schreckliches gesehen hatte. Vielleicht interpretierte sie ja wirklich zu viel in die Schriften hinein.

Schließlich wäre es eine drastische Maßnahme, die Bürger aus ihren Häusern zu evakuieren, sie über den Canyon zu führen, auf Schiffe zu verladen und mit ihnen zu den Oberen Inseln zu segeln, die alles andere als politisch stabil waren. Diese Maßnahme sollte für eine Zeit größter Not vorbehalten sein. Was wenn sie die Bürger zwang, und es nie zur befürchteten Tragödie kam. Sie würde als Königin in die Geschichtsbücher eingehen, die ohne drohende Gefahr in Panik verfallen ist.

Gwendolyn seufzte und drГјckte den unruhigen Guwayne an sich. Sie fragte sich, ob sie dabei war, den Verstand zu verlieren. Sie blickte zum Himmel und suchte die Wolken nach einem Anzeichen von Thor ab, hoffte und betete. Sie hoffte wenigstens auf ein Zeichen von Ralibar, doch auch er blieb verschwunden.

Wieder einmal wurden ihre Hoffnungen enttäuscht. Wieder einmal musste sie sich auf sich selbst verlassen. Selbst ihr Volk, das sie immer unterstützt hatte, das sie wie eine Göttin angesehen hatte, schien ihr nun nicht mehr zu vertrauen. Darauf hatte ihr Vater sie nicht vorbereitet. Was für eine Königin war sie ohne die Unterstützung des Volkes? Sie war machtlos.

Gwendolyn sehnte sich verzweifelt nach Trost und Antworten. Doch Thor war fort; ihre Mutter war tot; scheinbar war sie von allen, die sie liebte, verlassen worden. Sie spГјrte, dass sie an einem Scheideweg angekommen war. Nie zuvor war sie so verwirrt gewesen.

Sie schloss die Augen und bat Gott um Hilfe. Sie rief ihn mit all ihrer Willenskraft an. Sie war nie jemand gewesen, der viel betete, doch ihr Glaube war stark, und sie war sich sicher, dass er existierte.

Bitte Gott, ich bin verwirrt. Zeig mir, wie ich mein Volk am besten beschützen kann. Zeig mir, wie ich Guwayne am besten beschützen kann. Zeig mir, wie ich eine gute Königin sein kann.

„Gebete sind ein mächtiges Werkzeug“, hörte sie eine Stimme.

Gwendolyn fuhr herum, erleichtert die Stimme zu hören. Nur wenige Meter von ihr entfernt stand Argon in seiner weißen Robe mit der Kapuze und dem Stab, den Blick gen Horizont gerichtet.

„Argon. Ich brauche Antworten. Bitte hilf mir.“

„Wir sehnen uns immer nach Antworten“, sagte er. „Doch nicht immer werden sie uns gegeben. Unsere Leben sind dazu da, gelebt zu werden. Die Zukunft darf uns daher nicht vorausgesagt werden.“

„Doch man kann Hinweise darauf bekommen“, sagte Gwendolyn. „All die Prophezeiungen, die ich gelesen habe, all die Schriften, die Geschichte des Rings – weisen darauf hin, dass die Finsternis wie ein Damoklesschwert über uns hängt. Du musst es mir sagen. Wird sie über uns hineinbrechen?“

Argon wandte sich ihr zu und sah sie an. Seine Augen voller Feuer, dunkler und furchteinflößender als sie sie je zuvor gesehen hatte.

„Ja“, antwortete er.

Die Schlichtheit seiner Antwort jagte ihr mehr Angst ein als alles andere. Er, Argon, der sonst immer in Rätseln sprach.

Gwendolyn bebte innerlich.

„Wird sie über King’s Court hereinbrechen?“

„Ja“, antwortete er.

Gwendolyns Gefühl der Angst wurde stärker. Sie war sich sicher, dass sie die ganze Zeit über mit ihren Gefühlen richtig gelegen war.

„Wird der Ring zerstört werden?“

Argon sah sie an und nickte langsam.

„Doch es gibt noch ein paar Dinge, die ich dir sagen kann“, erklärte er. „Wenn du es wünschst, kann ich dir davon erzählen.“

Gwendolyn dachte nach. Sie wusste, dass Argons Weisheit kostbar war. Doch das war etwas, das sie wirklich wissen musste.

„Erzähl mir davon“, sagte sie.

Argon holte tief Luft, wandte sich ab und betrachtete den Horizont. Gwendolyn kam es vor, als ob eine halbe Ewigkeit vergangen war, als er endlich zu sprechen begann.

„Der Ring wird zerstört werden. Alles was du kennst und liebst wird ausgelöscht. Von dem Ort an dem du jetzt stehst, wird nicht mehr als verlöschende Glut und Asche übrig bleiben. Der gesamte Ring wird zu Asche zerfallen. Dein Reich wird zerstört. Dunkelheit zieht auf. Eine Dunkelheit schwärzer als alles, was es bisher in unserer Geschichte gegeben hat.“

Die Essenz seiner Worte hallte in Gwendolyn wider. Seine Stimme drang bis zum Kern ihrer Existenz vor. Sie wusste, dass jedes Wort, das er sprach, wahr war.

„Doch mein Volk kann es nicht sehen“, sagte sie mit zitternder Stimme.

Argon zuckte mit den Schultern.

„Du bist ihre Königin. Manchmal ist Gewalt nötig. Nicht nur gegen deine Feinde. Manchmal sogar gegen dein eigenes Volk. Handle nach dem, was du weißt. Erwarte nicht immer die Zustimmung deines Volkes. Zustimmung ist eine trügerische Sache. Manchmal, ist es ein Zeichen dafür, dass du das Beste für sie tust, wenn dein Volk dich am meisten hasst. Dein Vater war gesegnet mit einer Herrschaft des Friedens. Du jedoch, Gwendolyn, du wirst einer weitaus schwereren Prüfung unterzogen: Deine Herrschaft ist eine Herrschaft des Stahls.“

Als Argon sich zum Gehen wandte, folgte Gwendolyn ihm.

„Argon“, rief sie.

Er blieb stehen, doch er drehte sich nicht um.

„Ich flehe dich an – sag mir bitte noch eines. Werde ich Thorgrin jemals wieder sehen?“

Er schwieg lange. Es war ein bedrückendes Schweigen, das ihr das Herz brach, und sie hoffte, dass er ihr diese eine Antwort gewähren würde.“

„Ja“, antwortete er.

Sie stand mit pochendem Herzen hinter ihm und sehnte sich danach, mehr zu erfahren.

„Kannst du mir nicht mehr sagen?“

Er drehte sich zu ihr um und sah sie mit traurigen Augen an.

„Denk immer an die Wahl, die du getroffen hast. Nicht jede Liebe ist für die Ewigkeit bestimmt.“

Hoch über sich hörte sie den Schrei eines Falken. Sie blickte gen Himmel. Als sie den Blick wieder Argon zuwenden wollte, war dieser schon verschwunden.

Sie hielt Guwayne fest umschlungen und ließ den Blick über ihr Königreich schweifen. Ein letzter Blick. Sie wollte es so in Erinnerung behalten, wie es gerade eben war, fruchtbar und sprühend vor Leben – bevor alles zu Staub zerfiel. Voller Angst fragte sich welch schreckliche Gefahr hinter diesem Schleier der Schönheit lauern konnten. Sie schauderte, denn sie wusste, dass das Grauen sie zweifellos bald finden würde.




KAPITEL SIEBEN


Stara schrie als sie um sich schlagend dem Boden entgegenstürzte. Mit ihr waren Reece, Matus und Srog aus dem Fenster in den peitschenden Wind und Regen gesprungen, um Tirus� Männern zu entkommen. Sie sah die Büsche schnell auf sich zu rasen, und erkannte, dass sie es ihnen zu verdanken hatte, sollte sie den Fall überleben.

Einen Augenblick später hatte Stara das Gefühl, dass jeder Knochen in ihrem Körper brach, als sie in einen der Büsche fiel und dieser ihren Sturz kaum bremste. Sie schlug hart auf. Wenigstens hatte der aufgeweichte Boden sie ein wenig abgefedert. Sie war atemlos, doch dankbar am Leben zu sein.

Plötzlich gab der Schlamm unter ihr nach und gemeinsam mit den anderen rutschte sie in einer Schlammlawine den Hügel hinunter.

Sie schlitterte den Abhang hinab und Гјberschlug sich ein paarmal, wobei es ihr gelang, einen Blick zurГјck auf das Fort ihres Vaters zu werfen. Dankbar lieГџ sie sich vom Schlamm immer weiter von ihren Verfolgern forttragen.

Als sie sich wieder umdrehte gelang es ihr im letzten Augenblick ein paar Felsbrocken in ihrem Weg auszuweichen. Der Schlamm war unglaublich rutschig und es regnete noch heftiger als zuvor. Sie versuchte abzubremsen, sich irgendwo festzuhalten, doch es wollte ihr nicht gelingen.

Nackte Angst Гјberkam sie, als sie sich erinnerte, wo dieser HГјgel endete: Direkt an einem Kliff. Wenn es ihnen nicht gelang, schnell irgendwo Halt zu finden, mussten sie alle sterben.

Stara sah, dass es den anderen ebenso wenig wie ihr gelang, abzubremsen, sie schlugen stöhnend um sich, doch sie fanden keinen Halt.

Sie hob den Blick und sah, dass der Abhang schnell näher kam. Sie würden geradewegs über die Klippe rutschen.

Plötzlich sah Stara, wie Srog und Matus nach links drifteten, auf eine kleine Höhle zu, die am Rand des Abhangs lag. Irgendwie gelang es ihnen, mit den Füssen voran in den Fels einzuschlagen, und kurz vor der Kante abzubremsen. Stara versuchte ihre Fersen gegen den Schlamm zu stemmen, und schrie, denn sie wusste, dass es nichts mehr gab, was sie aufhalten konnte.

Plötzlich spürte Stara einen harten Ruck. Jemand hatte ihre Bluse an der Schulter gegriffen und sie damit vor dem Absturz bewahrt. Sie blickte sich um. Es war Reece. Er klammerte sich mit einer Hand an ein dürres Bäumchen am Rand des Abhangs, während er mit der anderen sie festzuhalten versuchte. Wasser und Schlamm rauschten an ihr vorbei, und drohten, sie loszureißen. Sie verlor jeglichen Halt und hing über den Rand. Für den Augenblick hatte er ihren Fall gebremst, doch sie fand nichts, woran sie sich hätte abstützen können.

Sie wusste, dass Reece sie so nicht mehr lange festhalten konnte, und dass er sie bald loslassen musste, weil sie ihn sonst mit in die Tiefe reiГџen wГјrde. Sie wГјrden beide sterben.

„Lass mich los!“, schrie sie ihn an.

Doch er schГјttelte verbissen den Kopf.

„Niemals!“, schrie er, während das Wasser ihn umspülte.

Plötzlich ließ er den Baum los, damit er mit beiden Händen nach ihren Handgelenken greifen konnte. Gleichzeitig schlang er seine Beine um den Baum und klammerte sich mit ihnen fest. Er riss sie mit aller Kraft zu sich hoch. Mit einem letzten Schrei der Anstrengung zerrte er sie aus der Strömung heraus und beförderte sie mit Schwung in die Höhle zu den anderen hinüber. Reece ließ sich von ihrem Schwung mitreißen und rollte selbst aus der Strömung während er ihr in die Höhle half.

Als sie endlich in Sicherheit waren, brach Stara erschöpft zusammen, dankbar am Leben zu sein.

Während sie auf klatschnass auf dem Boden lag und daran dachte, wie knapp sie dem Tod entronnen war, konnte sie nur an eines denken: Liebte Reece sie noch? Sie erkannte, dass ihr das mehr denn je bedeutete.


*

Stara saß zusammengekauert am kleinen Feuer in der Höhle und begann langsam zu trocknen. Sie sah sich um und bemerkte, dass alle vier aussahen, wie Überlebende eines Krieges: Mit eingefallenen Wangen starrten sie in die Flammen und rieben die Hände darüber im mehr oder weniger erfolgreichen Versuch, sich in der nichtendenwollenden Kälte aufzuwärmen.

Es war bereits tiefe Nacht, und sie hatten den ganzen Tag über ohne Feuer ausgeharrt, aus Angst, entdeckt zu werden. Schließlich waren sie alle so kalt, müde und niedergeschlagen gewesen, dass sie es doch wagten. Stara war sicher, dass seit ihrer Flucht genug Zeit vergangen war – und zudem würde es niemand wagen, den Abstieg zu den Klippen zu versuchen. Es war zu steil und der Boden viel zu rutschig. Wer auch immer es versuchen würde, würde sicher dabei sterben.

Doch sie waren in dieser Höhle gefangen. Wenn sie sie verließen, mussten sie damit rechnen, dass eine Arme von Inselbewohnern sie finden und alle töten würde. Ihr Bruder kannte keine Gnade. Es war hoffnungslos.

Sie saГџ neben dem geistig abwesenden, grГјbelnden Reece, und dachte Гјber die Geschehnisse nach. Sie hatte im Fort Reeces Leben gerettet, und er hatte sie an der Klippe vor dem Tod bewahrt. Empfand er noch das gleiche fГјr sie wie frГјher? So wie sie fГјr ihn empfand? Oder war er bitter wegen dem, was Selese zugestoГџen war? Gab er ihr die Schuld? WГјrde er ihr vergeben?

Stara konnte sich den Schmerz kaum vorstellen, den er verspüren musste, als sie ihn beobachtete: Er hatte den Kopf auf die Hände gestützt und starrte verloren ins Feuer. Sie fragte sich, was er gerade dachte. Er sah aus wie ein Mann, der nichts mehr zu verlieren hatte, wie jemand, der die Grenzen des Leids erlebt hatte und den Weg nicht zurückgefunden hatte. Ein Mann zerfressen von Schuldgefühlen. Er ähnelte nicht mehr annähernd dem Mann, der vor wenigen Wochen hier abgereist war, der Mann, der so voller Liebe und Freude war, so gerne gelächelt hatte, der sie mit Liebe und Zuneigung überschüttet hatte. Er sah aus, als wäre etwas in ihm gestorben.

Stara sah ihn an. Sie hatte Angst seinem Blick zu begegnen, doch sie brauchte ihn jetzt. Insgeheim hoffte sie, dass er sie ansah und Гјber sie nachdachte. Doch er blickte lediglich in die Flammen und wirkte schrecklich einsam.

Stara konnte die Frage nicht verdrängen, ob zwischen ihnen nun alles aus war, ihre Liebe ruiniert durch Seleses Tod. Immer wieder verfluchte sie ihre Brüder – und ihren Vater – dafür, dass sie einen derart perfiden Plan in die Tat umgesetzt hatten. Natürlich hatte sie Reece für sich alleine haben wollen; doch sie hätte niemals dieser hinterhältigen Verschwörung zugestimmt, die letztendlich zu Seleses Tod geführt hatte. Sie hatte nie gewollt, dass Selese getötet oder auch nur verletzt wird. Sie hatte gehofft, dass Reece ihre die Nachricht schonen beibringen würde, doch dass sie, auch wenn sie natürlich traurig sein würde, ihn verstehen konnte – doch nicht, dass sie sich selbst umbringen, oder Reeces Leben zerstören würde.

Doch nun waren all ihre Pläne vor Staras Augen zu Staub zerfallen, dank ihrer schrecklichen Familie. Matus war der einzige normale Mensch in ihrer Blutlinie. Doch Stara fragte sich, was aus ihm werden würde, aus ihnen allen. Würden sie in dieser Höhle sterben? Irgendwann würden sie sie verlassen müssen. Und die Männer ihres Bruders waren erbarmungslos, das wusste sie.

Er würde nicht ruhen, bevor er sie alle umgebracht hatte, besonders jetzt, nachdem Reece seinen Vater getötet hatte.

Stara wusste, dass sie Bedauern empfinden sollte darüber, dass ihr Vater tot war – doch sie empfand nichts. Sie hasste den Mann, hatte ihn schon immer gehasst. Wenn sie überhaupt etwas fühlte, dann war es Erleichterung und Dankbarkeit gegenüber Reece. Tirus war sein Leben lang ein ehrloser Krieger und König gewesen. Er hatte sich ihr gegenüber nie wie ein Vater verhalten.

Stara betrachtete die drei Krieger, die neben ihr am Feuer saßen. Sie sahen verzweifelt aus, und seit Stunden hatte keiner von ihnen auch nur ein Wort gesagt. Sie fragte sich, ob sie irgendeinen Plan hatten. Srog war schwer verwundet, und Matus und Reece waren ebenfalls lädiert, auch wenn ihre Verletzungen geringfügiger Natur waren.

Sie sahen alle erfroren aus, schwer mitgenommen vom Wetter an diesem unwirtlichen Ort.

„Wollen wir für immer in dieser Höhle sitzen und hier sterben?“, fragte Stara, und brach damit die angespannte Stille. Sie konnte die Monotonie und den Schwermut nicht mehr ertragen.

Langsam wandten Srog und Matus ihr den Blick zu. Doch Reece rГјhrte sich nicht.

„Und wo sollen wir deiner Meinung nach hingehen?“, fragte Srog. „Die Insel ist voller Gefolgsleute deines Bruders. Welche Chance haben wir schon gegen sie? Besonders jetzt, nachdem sie aufgebracht sind durch den Tod deines Vaters und unsere Flucht.“

„Du hast uns ganz schön in die Bredouille gebracht, mein lieber Cousin“, sagte Matus lächelnd und legte dabei die Hand auf Reeces Schulter. „Das war mutig. Vielleicht die mutigste Tat, die ich je in meinem Leben gesehen habe.“

Reece zuckte mit den Schultern.

„Er hat meine Braut ermordet. Er hatte den Tod verdient.“

Das Wort Braut widerstrebte Stara zutiefst. Es brach ihr das Herz. Seine Wortwahl zeigte ihr deutlich, dass Reece Selese noch immer liebte. Er wollte Stara noch nicht einmal ansehen. Ihr war zum Weinen zumute.

„Mach dir keine Sorgen, Reece“, sagte Matus. „Ich bin froh, dass mein Vater tot ist, und ich bin froh, dass du derjenige bist, der ihn getötet hat. Ich nehme es dir nicht übel. Im Gegenteil, ich bewundere dich, auch wenn wir alle dabei fast gestorben wären.“

Reece nickte. Er war dankbar für Matus� Worte.

„Keiner hat mir bisher geantwortet“, sagte Stara. „Was ist der Plan. Sollen wir hier alle sterben?“

„Was ist dein Plan?“, schoss Reece zurück.

„Ich habe keinen“, sagte sie. „Ich habe meinen Beitrag im Fort geleistet, als ich uns alle gerettet habe.“

„Das hast du“, gab Reece zu, wobei er immer noch in die Flammen starrte. „Ich schulde dir mein Leben.“

Bei Reeces Worten spГјrte Stara einen Anflug von Hoffnung, auch wenn er sich nach wie vor weigerte, sie anzusehen. Sie fragte sich, ob er sie vielleicht doch nicht hasste.

„Und du hast meines gerettet“, antwortete sie. „An den Klippen. Du schuldest mir nichts.“

Reece starrte weiter in die Flammen.

Sie wartete darauf, dass er etwas erwiderte, dass er sagte, dass er sie liebte, irgendetwas. Doch er schwieg und Stara wurde rot.

„Das war’s dann?“, fragte sie. „Haben wir uns sonst nichts zu sagen?“

Reece hob seinen Kopf und sah ihr zum ersten Mal in die Augen.

Stara konnte es nicht länger ertragen. Sie sprang auf und stürmte aus der Höhle hinaus an den Rand der Klippe. Sie blickte in die Nacht hinaus, in den Regen, den Wind und fragte sich: War alles aus zwischen ihr und Reece? Wenn dem so war, gab es keinen Grund mehr für sie zu leben.

„Wir können zu den Schiffen fliehen“, sagte Reece schließlich nach einer unendlichen Stille. Seine Worte hallten durch die Nacht.

Stara drehte sich um und sah ihn an.

„Zu den Schiffen fliehen?“, fragte sie.

Reece nickte.

„Unsere Männer sind da unten im Hafen. Wir müssen irgendwie dorthin gelangen. Das ist das einzige Gebiet, das noch in MacGil Händen ist.“

Stara schГјttelte den Kopf.

„Ein tollkühner Plan“ sagte sie. „Die Schiffe dürften umstellt sein, wenn sie sie nicht schon zerstört haben. Wir müssten an den Männern meines Bruders vorbeikommen. Wir sollten versuchen uns irgendwo auf der Insel zu verstecken.“

Reece schГјttelte entschieden den Kopf.

„Nein“, sagte er. „Das sind unsere Männer. Wir müssen zu ihnen gelangen, egal wie. Wenn sie angegriffen werden, werden wir kämpfend mit ihnen untergehen.“

„Du scheinst mich nicht zu verstehen“, sagte sie genauso entschlossen. „Beim ersten Tageslicht werden tausend Männer meines Bruders die Küste belagern. Es gibt keinen Weg an ihnen vorbei.“

Reece stand auf. Plötzlich brannte ein Feuer in seinen Augen.

„Dann werden wir nicht auf das Tageslicht warten“, sagte er. „Wir gehen jetzt. Bevor die Sonne aufgeht.“

Matus stand langsam auf und Reece sah Srog an.

„Srog?“, fragte Matus. „Denkst du, du kannst es schaffen?“

Srog verzog das Gesicht, als er sich mit Matus Hilfe aufrappelte.

„Ich will euch nicht aufhalten“, sagte er. „Geht ohne mich. Ich bleibe hier.“




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